Das singende springende Löweneckerchen

Gebr. Grimm (1857) – Märchen 88 – Gästin: Hannah C. Rosenblatt

Quelle:

https://de.wikisource.org/wiki/DassingendespringendeLöweneckerchen(1857)

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88. Das singende springende Löweneckerchen

Es war einmal ein Mann, der hatte eine große Reise vor, und beim Abschied fragte er seine drei Töchter was er ihnen mitbringen sollte. Da wollte die älteste Perlen, die zweite wollte Diamanten, die dritte aber sprach „lieber Vater, ich wünsche mir ein singendes springendes Löweneckerchen (Lerche).“ Der Vater sagte „ja, wenn ich es kriegen kann, sollst du es haben,“ küßte alle drei und zog fort. Als nun die Zeit kam, daß er wieder auf dem Heimweg war, so hatte er Perlen und Diamanten für die zwei ältesten gekauft, aber das singende springende Löweneckerchen für die jüngste hatte er umsonst aller Orten gesucht, und das that ihm leid, denn sie war sein liebstes Kind. Da führte ihn der Weg durch einen Wald, und mitten darin war ein prächtiges Schloß, und nah am Schloß stand ein Baum, ganz oben auf der Spitze des Baums aber sah er ein Löweneckerchen singen und springen. „Ei, du kommst mir gerade recht“ sagte er ganz vergnügt und rief seinem Diener, er sollte hinauf steigen und das Thierchen fangen. Wie er aber zu dem Baum trat, sprang ein Löwe darunter auf, schüttelte sich und brüllte, daß das Laub an den Bäumen zitterte. „Wer mir mein singendes springendes Löweneckerchen stehlen will,“ rief er, „den fresse ich auf.“ Da sagte der Mann „ich habe nicht gewußt, daß der Vogel dir gehört: ich will mein Unrecht wieder gut machen, und mich mit schwerem Golde loskaufen, laß mir nur das Leben.“ Der Löwe sprach „dich kann nichts retten, als wenn du mir zu eigen versprichst, was dir daheim zuerst begegnet; willst du das aber thun, so schenke ich dir das Leben und den Vogel für deine Tochter obendrein.“ Der Mann aber weigerte sich und sprach „das könnte meine jüngste Tochter sein, die hat mich am liebsten und läuft mir immer entgegen, wenn ich nach Haus komme.“ Dem Diener aber war angst und er sagte „muß euch denn gerade eure Tochter begegnen, es könnte ja auch eine Katze oder ein Hund sein.“ Da ließ sich der Mann überreden, nahm das singende springende Löweneckerchen und versprach dem Löwen zu eigen was ihm daheim zuerst begegnen würde.

Wie er daheim anlangte und in sein Haus eintrat, war das erste, was ihm begegnete, niemand anders als seine jüngste liebste Tochter: die kam gelaufen, küßte und herzte ihn, und als sie sah, daß er ein singendes springendes Löweneckerchen mitgebracht hatte, war sie außer sich vor Freude. Der Vater aber konnte sich nicht freuen, sondern fieng an zu weinen und sagte „mein liebstes Kind, den kleinen Vogel habe ich theuer gekauft, ich habe dich dafür einem wilden Löwen versprechen müssen, und wenn er dich hat, wird er dich zerreißen und fressen,“ und erzählte ihr da alles, wie es zugegangen war, und bat sie nicht hin zu gehen, es möchte auch kommen was da wollte. Sie tröstete ihn aber und sprach „liebster Vater, was ihr versprochen habt muß auch gehalten werden: ich will hingehen und will den Löwen schon besänftigen, daß ich wieder gesund zu euch komme.“ Am andern Morgen ließ sie sich den Weg zeigen, nahm Abschied und gieng getrost in den Wald hinein. Der Löwe aber war ein verzauberter Königssohn, und war bei Tag ein Löwe, und mit ihm wurden alle seine Leute Löwen, in der Nacht aber hatten sie ihre natürliche menschliche Gestalt. Bei ihrer Ankunft ward sie freundlich empfangen und in das Schloß geführt. Als die Nacht kam, war er ein schöner Mann und die Hochzeit ward mit Pracht gefeiert. Sie lebten vergnügt mit einander, wachten in der Nacht und schliefen am Tag. Zu einer Zeit kam er und sagte „morgen ist ein Fest in deines Vaters Haus, weil deine älteste Schwester sich verheirathet, und wenn du Lust hast hinzugehen, so sollen dich meine Löwen hinführen.“ Da sagte sie ja, sie möchte gern ihren Vater wiedersehen, fuhr hin und ward von den Löwen begleitet. Da war große Freude, als sie ankam, denn sie hatten alle geglaubt sie wäre von dem Löwen zerrissen worden und schon lange nicht mehr am Leben. Sie erzählte aber was sie für einen schönen Mann hätte und wie gut es ihr gienge, und blieb bei ihnen so lang die Hochzeit dauerte, dann fuhr sie wieder zurück in den Wald. Wie die zweite Tochter heirathete und sie wieder zur Hochzeit eingeladen war, sprach sie zum Löwen „diesmal will ich nicht allein sein, du mußt mitgehen.“ Der Löwe aber sagte das wäre zu gefährlich für ihn, denn wenn dort der Strahl eines brennenden Lichts ihn berührte, so würde er in eine Taube verwandelt, und müßte sieben Jahre lang mit den Tauben fliegen. „Ach,“ sagte sie, „geh nur mit mir: ich will dich schon hüten und vor allem Licht bewahren.“ Also zogen sie zusammen und nahmen auch ihr kleines Kind mit. Sie ließ dort einen Saal mauern, so stark und dick daß kein Strahl durchdringen konnte, darin sollt er sitzen, wann die Hochzeitslichter angesteckt würden. Die Thür aber war von frischem Holz gemacht, das sprang und bekam einen kleinen Ritz, den kein Mensch bemerkte. Nun ward die Hochzeit mit Pracht gefeiert, wie aber der Zug aus der Kirche zurückkam mit den vielen Fackeln und Lichtern an dem Saal vorbei, da fiel ein haarbreiter Strahl auf den Königssohn, und wie dieser Strahl ihn berührt hatte, in dem Augenblick war er auch verwandelt, und als sie hineinkam und ihn suchte, sah sie ihn nicht, aber es saß da eine weiße Taube. Die Taube sprach zu ihr „sieben Jahr muß ich in die Welt fortfliegen: alle sieben Schritte aber will ich einen rothen Blutstropfen und eine weiße Feder fallen lassen, die sollen dir den Weg zeigen, und wenn du der Spur folgst, kannst du mich erlösen.“

Da flog die Taube zur Thür hinaus, und sie folgte ihr nach, und alle sieben Schritte fiel ein rothes Blutströpfchen und ein weißes Federchen herab und zeigte ihr den Weg. So gieng sie immer zu in die weite Welt hinein, und schaute nicht um sich und ruhte sich nicht, und waren fast die sieben Jahre herum: da freute sie sich und meinte sie wären bald erlöst, und war noch so weit davon. Einmal, als sie so fortgieng, fiel kein Federchen mehr und auch kein rothes Blutströpfchen, und als sie die Augen aufschlug, so war die Taube verschwunden. Und weil sie dachte „Menschen können dir da nicht helfen,“ so stieg sie zur Sonne hinauf und sagte zu ihr „du scheinst in alle Ritzen und über alle Spitzen, hast du keine weiße Taube fliegen sehen?“ „ Nein,“ sagte die Sonne, „ich habe keine gesehen, aber da schenk ich dir ein Kästchen, das mach auf, wenn du in großer Noth bist.“ Da dankte sie der Sonne und gieng weiter bis es Abend war, und der Mond schien, da fragte sie ihn „du scheinst ja die ganze Nacht und durch alle Felder und Wälder, hast du keine weiße Taube fliegen sehen?“ „Nein,“ sagte der Mond, „ich habe keine gesehen, aber da schenk ich dir ein Ei, das zerbrich wenn du in großer Noth bist.“ Da dankte sie dem Mond, und gieng weiter, bis der Nachtwind heran kam und sie anblies: da sprach sie zu ihm „du wehst ja über alle Bäume und unter allen Blättern weg, hast du keine weiße Taube fliegen sehen?“ „Nein,“ sagte der Nachtwind, „ich habe keine gesehen, aber ich will die drei andern Winde fragen, die haben sie vielleicht gesehen.“ Der Ostwind und der Westwind kamen und hatten nichts gesehen, der Südwind aber sprach „die weiße Taube habe ich gesehen, sie ist zum rothen Meer geflogen, da ist sie wieder ein Löwe geworden, denn die sieben Jahre sind herum, und der Löwe steht dort im Kampf mit einem Lindwurm, der Lindwurm ist aber eine verzauberte Königstochter.“ Da sagte der Nachtwind zu ihr „ich will dir Rath geben, geh zum rothen Meer, am rechten Ufer da stehen große Ruthen, die zähle, und die eilfte schneid dir ab, und schlag den Lindwurm damit, dann kann ihn der Löwe bezwingen, und beide bekommen auch ihren menschlichen Leib wieder. Hernach schau dich um, und du wirst den Vogel Greif sehen, der am rothen Meer sitzt, schwing dich mit deinem Liebsten auf seinen Rücken: der Vogel wird euch übers Meer nach Haus tragen. Da hast du auch eine Nuß, wenn du mitten über dem Meere bist, laß sie herab fallen, alsbald wird sie aufgehen, und ein großer Nußbaum wird aus dem Wasser hervor wachsen, auf dem sich der Greif ausruht: und könnte er nicht ruhen, so wäre er nicht stark genug euch hinüber zu tragen: und wenn du vergißt die Nuß herab zu werfen, so läßt er euch ins Meer fallen.“

Da gieng sie hin und fand alles wie der Nachtwind gesagt hatte. Sie zählte die Ruthen am Meer und schnitt die eilfte ab, damit schlug sie den Lindwurm, und der Löwe bezwang ihn: alsbald hatten beide ihren menschlichen Leib wieder. Aber wie die Königstochter, die vorher ein Lindwurm gewesen war, vom Zauber frei war, nahm sie den Jüngling in den Arm, setzte sich auf den Vogel Greif, und führte ihn mit sich fort. Da stand die arme weitgewanderte, und war wieder verlassen, und setzte sich nieder und weinte. Endlich aber ermuthigte sie sich und sprach „ich will noch so weit gehen als der Wind weht und so lange als der Hahn kräht, bis ich ihn finde.“ Und gieng fort, lange lange Wege, bis sie endlich zu dem Schloß kam, wo beide zusammen lebten: da hörte sie daß bald ein Fest wäre, wo sie Hochzeit mit einander machen wollten. Sie sprach aber „Gott hilft mir noch,“ und öffnete das Kästchen, das ihr die Sonne gegeben hatte, da lag ein Kleid darin, so glänzend wie die Sonne selber. Da nahm sie es heraus und zog es an und gieng hinauf in das Schloß, und alle Leute, und die Braut selber, sahen sie mit Verwunderung an; und das Kleid gefiel der Braut so gut, daß sie dachte es könnte ihr Hochzeitskleid geben, und fragte ob es nicht feil wäre. „Nicht für Geld und Gut,“ antwortete sie, „aber für Fleisch und Blut.“ Die Braut fragte was sie damit meinte. Da sagte sie „laßt mich eine Nacht in der Kammer schlafen, wo der Bräutigam schläft.“ Die Braut wollte nicht, und wollte doch gerne das Kleid haben, endlich willigte sie ein, aber der Kammerdiener mußte dem Königssohn einen Schlaftrunk geben. Als es nun Nacht war und der Jüngling schon schlief, ward sie in die Kammer geführt. Da setzte sie sich ans Bett und sagte „ich bin dir nachgefolgt sieben Jahre, bin bei Sonne und Mond und bei den vier Winden gewesen, und habe nach dir gefragt, und habe dir geholfen gegen den Lindwurm, willst du mich denn ganz vergessen?“ Der Königssohn aber schlief so hart, daß es ihm nur vorkam als rauschte der Wind draußen in den Tannenbäumen. Wie nun der Morgen anbrach, da ward sie wieder hinausgeführt und mußte das goldene Kleid hingeben. Und als auch das nichts geholfen hatte, ward sie traurig, gieng hinaus auf eine Wiese, setzte sich da hin und weinte. Und wie sie so saß, da fiel ihr das Ei noch ein, das ihr der Mond gegeben hatte: sie schlug es auf, da kam eine Glucke heraus mit zwölf Küchlein ganz von Gold, die liefen herum und piepten und krochen der Alten wieder unter die Flügel, so daß nichts schöneres auf der Welt zu sehen war. Da stand sie auf, trieb sie auf der Wiese vor sich her, so lange bis die Braut aus dem Fenster sah, und da gefielen ihr die kleinen Küchlein so gut, daß sie gleich herab kam und fragte ob sie nicht feil wären? „Nicht für Geld und Gut, aber für Fleisch und Blut; laßt mich noch eine Nacht in der Kammer schlafen, wo der Bräutigam schläft.“ Die Braut sagte „ja,“ und wollte sie betrügen wie am vorigen Abend. Als aber der Königssohn zu Bett gieng, fragte er seinen Kammerdiener was das Murmeln und Rauschen in der Nacht gewesen sei. Da erzählte der Kammerdiener alles, daß er ihm einen Schlaftrunk hätte geben müssen, weil ein armes Mädchen heimlich in der Kammer geschlafen hätte, und heute Nacht sollte er ihm wieder einen geben. Sagte der Königssohn „gieß den Trank neben das Bett aus.“ Zur Nacht wurde sie wieder hereingeführt, und als sie anfieng zu erzählen wie es ihr traurig ergangen wäre, da erkannte er gleich an der Stimme seine liebe Gemahlin, sprang auf und rief „jetzt bin ich erst recht erlöst, mir ist gewesen wie in einem Traum, denn die fremde Königstochter hatte mich bezaubert, daß ich dich vergessen mußte, aber Gott hat noch zu rechter Stunde die Bethörung von mir genommen.“ Da giengen sie beide in der Nacht heimlich aus dem Schloß, denn sie fürchteten sich vor dem Vater der Königstochter, der ein Zauberer war, und setzten sich auf den Vogel Greif, der trug sie über das rothe Meer, und als sie in der Mitte waren, ließ sie die Nuß fallen. Alsbald wuchs ein großer Nußbaum, darauf ruhte sich der Vogel, und dann führte er sie nach Haus, wo sie ihr Kind fanden, das war groß und schön geworden, und sie lebten von nun an vergnügt bis an ihr Ende.

Der König vom goldenen Berg

Gebr. Grimm (1857) – Märchen 92 – Gast: Mirko Gutjahr

Quelle:

https://de.wikisource.org/wiki/DerKönigvomgoldenenBerg_(1857)

Heute: Mirko Gutjahr

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92. Der König vom goldenen Berg.

Ein Kaufmann, der hatte zwei Kinder, einen Buben und ein Mädchen, die waren beide noch klein und konnten noch nicht laufen. Es giengen aber zwei reichbeladene Schiffe von ihm auf dem Meer, und sein ganzes Vermögen war darin, und wie er meinte dadurch viel Geld zu gewinnen, kam die Nachricht, sie wären versunken. Da war er nun statt eines reichen Mannes ein armer Mann und hatte nichts mehr übrig als einen Acker vor der Stadt. Um sich sein Unglück ein wenig aus den Gedanken zu schlagen, gieng er hinaus auf den Acker, und wie er da so auf- und abging, stand auf einmal ein kleines schwarzes Männchen neben ihm und fragte warum er so traurig wäre, und was er sich so sehr zu Herzen nähme. Da sprach der Kaufmann „wenn du mir helfen könntest, wollt ich dir es wohl sagen.“ „Wer weiß,“ antwortete das schwarze Männchen, „vielleicht helf ich dir.“ Da erzählte der Kaufmann daß ihm sein ganzer Reichthum auf dem Meer zu Grunde gegangen wäre, und hätte er nichts mehr übrig als diesen Acker. „Bekümmere dich nicht,“ sagte das Männchen, „wenn du mir versprichst das, was dir zu Haus am ersten widers Bein stößt, in zwölf Jahren hierher auf den Platz zu bringen, sollst du Geld haben so viel du willst.“ Der Kaufmann dachte „was kann das anders sein als mein Hund?“ aber an seinen kleinen Jungen dachte er nicht und sagte ja, gab dem schwarzen Mann Handschrift und Siegel darüber und gieng nach Haus.

Als er nach Haus kam, da freute sich sein kleiner Junge so [36] sehr darüber, daß er sich an den Bänken hielt, zu ihm herbei wackelte und ihn an den Beinen fest packte. Da erschrack der Vater, denn es fiel ihm sein Versprechen ein und er wußte nun was er verschrieben hatte: weil er aber immer noch kein Geld in seinen Kisten und Kasten fand, dachte er es wäre nur ein Spaß von dem Männchen gewesen. Einen Monat nachher gieng er auf den Boden und wollte altes Zinn zusammen suchen und verkaufen, da sah er einen großen Haufen Geld liegen. Nun war er wieder guter Dinge, kaufte ein, ward ein größerer Kaufmann als vorher und ließ Gott einen guten Mann sein. Unterdessen ward der Junge groß und dabei klug und gescheidt. Je näher aber die zwölf Jahre herbei kamen, je sorgvoller ward der Kaufmann, so daß man ihm die Angst im Gesicht sehen konnte. Da fragte ihn der Sohn einmal was ihm fehlte: der Vater wollte es nicht sagen, aber jener hielt so lange an, bis er ihm endlich sagte er hätte ihn, ohne zu wissen was er verspräche, einem schwarzen Männchen zugesagt und vieles Geld dafür bekommen. Er hätte seine Handschrift mit Siegel darüber gegeben, und nun müßte er ihn, wenn zwölf Jahre herum wären, ausliefern. Da sprach der Sohn „o Vater, laßt euch nicht bang sein, das soll schon gut werden, der Schwarze hat keine Macht über mich.“

Der Sohn ließ sich von dem Geistlichen segnen, und als die Stunde kam, giengen sie zusammen hinaus auf den Acker, und der Sohn machte einen Kreiß und stellte sich mit seinem Vater hinein. Da kam das schwarze Männchen und sprach zu dem Alten „hast du mitgebracht, was du mir versprochen hast?“ Er schwieg still, aber der Sohn fragte „was willst du hier?“ Da sagte das schwarze Männchen „ich habe mit deinem Vater zu sprechen und nicht mir dir.“ Der Sohn antwortete „du hast meinen Vater betrogen und verführt, gib die Handschrift heraus.“ „Nein,“ sagte das schwarze Männchen, „mein Recht geb ich nicht auf.“ Da redeten sie noch lange mit einander, endlich wurden sie einig, der Sohn, weil er nicht dem Erbfeind und nicht mehr seinem Vater zugehörte, sollte sich in ein Schiffchen setzen, das auf einem hinabwärts fließenden Wasser stände, und der Vater sollte es mit seinem eigenen Fuß fortstoßen, und dann sollte der Sohn dem Wasser überlassen bleiben. Da nahm er Abschied von seinem Vater, setzte sich in ein Schiffchen, und der Vater mußte es mit seinem eigenen Fuß fortstoßen. Das Schiffchen schlug um, so daß der unterste Theil oben war, die Decke aber im Wasser; und der Vater glaubte, sein Sohn wäre verloren, gieng heim und trauerte um ihn.

Das Schiffchen aber versank nicht, sondern floß ruhig fort, und der Jüngling saß sicher darin, und so floß es lange, bis es endlich an einem unbekannten Ufer festsitzen blieb. Da stieg er ans Land, sah ein schönes Schloß vor sich liegen und gieng darauf los. Wie er aber hineintrat, war es verwünscht; er gieng durch alle Zimmer, aber sie waren leer bis er in die letzte Kammer kam, da lag eine Schlange darin und ringelte sich. Die Schlange aber war eine verwünschte Jungfrau, die freute sich, wie sie ihn sah, und sprach zu ihm „kommst du, mein Erlöser? auf dich habe ich schon zwölf Jahre gewartet; dies Reich ist verwünscht, und du mußt es erlösen.“ „Wie kann ich das?“ fragte er. „Heute Nacht kommen zwölf schwarze Männer, die mit Ketten behangen sind, die werden dich fragen was du hier machst, da schweig aber still und gib ihnen keine Antwort, und laß sie mit dir machen was sie wollen: sie werden dich quälen, schlagen und stechen, laß alles geschehen, nur rede nicht; um zwölf Uhr müssen sie wieder fort. Und in der zweiten Nacht werden wieder zwölf andere kommen, in der dritten vier und zwanzig, die werden dir den Kopf abhauen: aber um zwölf Uhr ist ihre Macht vorbei, und wenn du dann ausgehalten und kein Wörtchen gesprochen hast, so bin ich erlöst. Ich komme zu dir, und habe in einer Flasche das Wasser des Lebens, damit bestreiche ich dich, und dann bist du wieder lebendig und gesund wie zuvor.“ Da sprach er „gerne will ich dich erlösen.“ Es geschah nun alles so, wie sie gesagt hatte: die schwarzen Männer konnten ihm kein Wort abzwingen, und in der dritten Nacht ward die Schlange zu einer schönen Königstochter, die kam mit dem Wasser des Lebens und machte ihn wieder lebendig. Und dann fiel sie ihm um den Hals und küßte ihn, und war Jubel und Freude im ganzen Schloß. Da wurde ihre Hochzeit gehalten, und er war König vom goldenen Berge.

Also lebten sie vergnügt zusammen, und die Königin gebar einen schönen Knaben. Acht Jahre waren schon herum, da fiel ihm sein Vater ein und sein Herz ward bewegt, und er wünschte ihn einmal heimzusuchen. Die Königin wollte ihn aber nicht fortlassen und sagte „ich weiß schon daß es mein Unglück ist,“ er ließ ihr aber keine Ruhe bis sie einwilligte. Beim Abschied gab sie ihm noch einen Wünschring und sprach „nimm diesen Ring und steck ihn an deinen Finger, so wirst du alsbald dahin versetzt, wo du dich hinwünschest, nur mußt du mir versprechen daß du ihn nicht gebrauchst, mich von hier weg zu deinem Vater zu wünschen.“ Er versprach ihr das, steckte den Ring an seinen Finger und wünschte sich heim vor die Stadt, wo sein Vater lebte. Im Augenblick befand er sich auch dort und wollte in die Stadt: wie er aber vors Thor kam, wollten ihn die Schildwachen nicht einlassen, weil er seltsame und doch so reiche und prächtige Kleider an hatte. Da gieng er auf einen Berg, wo ein Schäfer hütete, tauschte mit diesem die Kleider und zog den alten Schäferrock an und gieng also ungestört in die Stadt ein. Als er zu seinem Vater kam, gab er sich zu erkennen, der aber glaubte nimmermehr daß es sein Sohn wäre und sagte er hätte zwar einen Sohn gehabt, der wäre aber längst todt: doch weil er sähe daß er ein armer dürftiger Schäfer wäre, so wollte er ihm einen Teller voll zu essen geben. Da sprach der Schäfer zu seinen Eltern „ich bin wahrhaftig euer Sohn, wißt ihr kein Mal an meinem Leibe, woran ihr mich erkennen könnt?“ „Ja,“ sagte die Mutter, „unser Sohn hatte eine Himbeere unter dem rechten Arm.“ Er streifte das Hemd zurück, da sahen sie die Himbeere unter seinem rechten Arm und zweifelten nicht mehr daß es ihr Sohn wäre. Darauf erzählte er ihnen er wäre König vom goldenen Berge und eine Königstochter wäre seine Gemahlin, und sie hätten einen schönen Sohn von sieben Jahren. Da sprach der Vater „nun und nimmermehr ist das wahr: das ist mir ein schöner König, der in einem zerlumpten Schäferrock hergeht.“ Da ward der Sohn zornig und drehte, ohne an sein Versprechen zu denken, den Ring herum und wünschte beide, seine Gemahlin und sein Kind, zu sich. In dem Augenblick waren sie auch da, aber die Königin, die klagte und weinte, und sagte er hätte sein Wort gebrochen und hätte sie unglücklich gemacht. Er sagte „ich habe es unachtsam gethan und nicht mit bösem Willen“ und redete ihr zu; sie stellte sich auch als gäbe sie nach, aber sie hatte Böses im Sinn.

Da führte er sie hinaus vor die Stadt auf den Acker und zeigte ihr das Wasser, wo das Schiffchen war abgestoßen worden, und sprach dann „ich bin müde, setze dich nieder, ich will ein wenig auf deinem Schooß schlafen.“ Da legte er seinen Kopf auf ihren Schooß und sie lauste ihn ein wenig, bis er einschlief. Als er eingeschlafen war, zog sie erst den Ring von seinem Finger, dann zog sie den Fuß unter ihm weg und ließ nur den Toffel zurück: hierauf nahm sie ihr Kind in den Arm und wünschte sich wieder in ihr Königreich. Als er aufwachte, lag er da ganz verlassen, und seine Gemahlin und das Kind waren fort und der Ring vom Finger auch, nur der Toffel stand noch da zum Wahrzeichen. „Nach Haus zu deinen Eltern kannst du nicht wieder gehen,“ dachte er, „die würden sagen, du wärst ein Hexenmeister, du willst aufpacken und gehen bis du in dein Königreich kommst.“ Also gieng er fort und kam endlich zu einem Berg, vor dem drei Riesen standen und mit einander stritten, weil sie nicht wußten wie sie ihres Vaters Erbe theilen sollten. Als sie ihn vorbei gehen sahen, riefen sie ihn an und sagten kleine Menschen hätten klugen Sinn, er sollte ihnen die Erbschaft vertheilen. Die Erbschaft aber bestand aus einem Degen, wenn einer den in die Hand nahm und sprach „Köpf alle runter, nur meiner nicht,“ so lagen alle Köpfe auf der Erde: zweitens aus einem Mantel, wer den anzog, war unsichtbar; drittens aus ein paar Stiefeln, wenn man die angezogen hatte und sich wohin wünschte, so war man im Augenblick da. Er sagte „gebt mir die drei Stücke damit ich probieren könnte ob sie noch in gutem Stande sind.“ Da gaben sie ihm den Mantel, und als er ihn umgehängt hatte, war er unsichtbar und war in eine Fliege verwandelt. Dann nahm er wieder seine Gestalt an und sprach „der Mantel ist gut, nun gebt mir das Schwert.“ Sie sagten „nein, das geben wir nicht! wenn du sprächst „Köpf alle runter, nur meiner nicht!“ so wären unsere Köpfe alle herab und du allein hättest den deinigen noch.“ Doch gaben sie es ihm unter der Bedingung daß ers an einem Baum probieren sollte. Das that er und das Schwert zerschnitt den Stamm eines Baums wie einen Strohhalm. Nun wollt er noch die Stiefeln haben, sie sprachen aber „nein, die geben wir nicht weg, wenn du sie angezogen hättest und wünschtest dich oben auf den Berg, so stünden wir da unten und hätten nichts.“ „Nein,“ sprach er, „das will ich nicht thun.“ Da gaben sie ihm auch die Stiefeln. Wie er nun alle drei Stücke hatte, so dachte er an nichts als an seine Frau und sein Kind und sprach so vor sich hin „ach wäre ich auf dem goldenen Berg,“ und alsbald verschwand er vor den Augen der Riesen, und war also ihr Erbe getheilt. Als er nah beim Schloß war, hörte er Freudengeschrei, Geigen und Flöten, und die Leute sagten ihm seine Gemahlin feierte ihre Hochzeit mit einem andern. Da ward er zornig und sprach „die Falsche, sie hat mich betrogen und mich verlassen, als ich eingeschlafen war.“ Da hieng er seinen Mantel um und gieng unsichtbar ins Schloß hinein. Als er in den Saal eintrat, war da eine große Tafel mit köstlichen Speisen besetzt, und die Gäste aßen und tranken, lachten und scherzten. Sie aber saß in der Mitte in prächtigen Kleidern auf einem königlichen Sessel und hatte die Krone auf dem Haupt. Er stellte sich hinter sie und niemand sah ihn. Wenn sie ihr ein Stück Fleisch auf den Teller legten, nahm er ihn weg und aß es: und wenn sie ihr ein Glas Wein einschenkten, nahm ers weg und tranks aus; sie gaben ihr immer, und sie hatte doch immer nichts, denn Teller und Glas verschwanden augenblicklich. Da ward sie bestürzt und schämte sie sich, stand auf und gieng in ihre Kammer und weinte, er aber gieng hinter ihr her. Da sprach sie „ist denn der Teufel über mir, oder kam mein Erlöser nie?“ Da schlug er ihr ins Angesicht und sagte „kam dein Erlöser nie? er ist über dir, du Betrügerin. Habe ich das an dir verdient?“ Da machte er sich sichtbar, gieng in den Saal und rief „die Hochzeit ist aus, der wahre König ist gekommen!“ Die Könige, Fürsten und Räthe, die da versammelt waren, höhnten und verlachten ihn: er aber gab kurze Worte und sprach „wollt ihr hinaus oder nicht?“ Da wollten sie ihn fangen und drangen auf ihn ein, aber er zog sein Schwert und sprach „Köpf alle runter, nur meiner nicht.“ Da rollten alle Köpfe zur Erde, und er war allein der Herr und war wieder König vom goldenen Berge.

Der Arme und der Reiche

Gebr. Grimm (1857) – Märchen 87 – Gast: Malik Aziz

Quelle:

https://de.wikisource.org/wiki/DerArmeundderReiche_(1857)

Heute: Malik Aziz

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87.

Der Arme und der Reiche.

Vor alten Zeiten, als der liebe Gott noch selber auf Erden unter den Menschen wandelte, trug es sich zu, daß er eines Abends müde war und ihn die Nacht überfiel, bevor er zu einer Herberge kommen konnte. Nun standen auf dem Weg vor ihm zwei Häuser einander gegenüber, das eine groß und schön, das andere klein und ärmlich anzusehen, und gehörte das große einem Reichen, das kleine einem armen Manne. Da dachte unser Herr Gott „dem Reichen werde ich nicht beschwerlich fallen: bei ihm will ich übernachten.“ Der Reiche, als er an seine Thüre klopfen hörte, machte das Fenster auf und fragte den Fremdling was er suche? Der Herr antwortete „ich bitte um ein Nachtlager.“ Der Reiche guckte den Wandersmann von Haupt bis zu den Füßen an, und weil der liebe Gott schlichte Kleider trug und nicht aussah wie einer, der viel Geld in der Tasche hat, schüttelte er mit dem Kopf und sprach „ich kann euch nicht aufnehmen, meine Kammern liegen voll Kräuter und Samen, und sollte ich einen jeden beherbergen, der an meine Thüre klopft, so könnte ich selber den Bettelstab in die Hand nehmen. Sucht euch anderswo ein Auskommen.“ Schlug damit sein Fenster zu und ließ den lieben Gott stehen. Also kehrte ihm der liebe Gott den Rücken und gieng hinüber zu dem kleinen Haus. Kaum hatte er angeklopft, so klinkte der Arme schon sein Thürchen auf und bat den Wandersmann einzutreten. „Bleibt die Nacht über bei mir,“ sagte er „es ist schon finster, und heute könnt ihr doch nicht weiter kommen.“ Das gefiel dem lieben Gott und [2] er trat zu ihm ein. Die Frau des Armen reichte ihm die Hand, hieß ihn willkommen und sagte er möchte sichs bequem machen und vorlieb nehmen, sie hätten nicht viel, aber was es wäre, gäben sie von Herzen gerne. Dann setzte sie Kartoffeln ans Feuer, und derweil sie kochten, melkte sie ihre Ziege, damit sie ein wenig Milch dazu hätten. Und als der Tisch gedeckt war, setzte sich der liebe Gott nieder und aß mit ihnen, und schmeckte ihm die schlechte Kost gut, denn es waren vergnügte Gesichter dabei. Nachdem sie gegessen hatten, und Schlafenszeit war, rief die Frau heimlich ihren Mann und sprach „hör, lieber Mann, wir wollen uns heute Nacht eine Streu machen, damit der arme Wanderer sich in unser Bett legen und ausruhen kann: er ist den ganzen Tag über gegangen, da wird einer müde.“ „Von Herzen gern,“ antwortete er, „ich wills ihm anbieten,“ gieng zu dem lieben Gott und bat ihn, wenns ihm recht wäre, möcht er sich in ihr Bett legen und seine Glieder ordentlich ausruhen. Der liebe Gott wollte den beiden Alten ihr Lager nicht nehmen, aber sie ließen nicht ab, bis er es endlich that und sich in ihr Bett legte: sich selbst aber machten sie eine Streu auf die Erde. Am andern Morgen standen sie vor Tag schon auf und kochten dem Gast ein Frühstück, so gut sie es hatten. Als nun die Sonne durchs Fensterlein schien und der liebe Gott aufgestanden war, aß er wieder mit ihnen und wollte dann seines Weges ziehen. Als er in der Thüre stand, kehrte er sich um und sprach „weil ihr so mitleidig und fromm seid, so wünscht euch dreierlei, das will ich euch erfüllen.“ Da sagte der Arme „was soll ich mir sonst wünschen als die ewige Seligkeit, und daß wir zwei, so lang wir leben, gesund dabei bleiben und unser nothdürftiges tägliches Brot haben; fürs dritte weiß ich mir nichts zu wünschen.“ Der liebe Gott sprach „willst du dir nicht ein neues Haus für das alte wünschen?“ „O ja,“ sagte der Mann, „wenn ich das auch noch erhalten kann, so wär mirs wohl lieb.“ [3] Da erfüllte der Herr ihre Wünsche, verwandelte ihr altes Haus in ein neues, gab ihnen nochmals seinen Segen und zog weiter.

Es war schon voller Tag, als der Reiche aufstand. Er legte sich ins Fenster und sah gegenüber ein neues, reinliches Haus mit rothen Ziegeln, wo sonst eine alte Hütte gestanden hatte. Da machte er große Augen, rief seine Frau herbei und sprach „sag mir, was ist geschehen? Gestern Abend stand noch die alte elende Hütte, und heute steht da ein schönes neues Haus. Lauf hinüber und höre wie das gekommen ist.“ Die Frau gieng und fragte den Armen aus: er erzählte ihr „gestern Abend kam ein Wanderer, der suchte Nachtherberge, und heute Morgen beim Abschied hat er uns drei Wünsche gewährt, die ewige Seligkeit, Gesundheit in diesem Leben und das nothdürftige tägliche Brot dazu und zuletzt noch statt unserer alten Hütte ein schönes neues Haus.“ Die Frau des Reichen lief eilig zurück und erzählte ihrem Manne wie alles gekommen war. Der Mann sprach „ich möchte mich zerreißen und zerschlagen: hätt ich das nur gewußt! der Fremde ist zuvor hier gewesen und hat bei uns übernachten wollen, ich habe ihn aber abgewiesen.“ „Eil dich,“ sprach die Frau, „und setze dich auf dein Pferd, so kannst du den Mann noch einholen, und dann mußt du dir auch drei Wünsche gewähren lassen.“

Der Reiche befolgte den guten Rath, jagte mit seinem Pferd davon und holte den lieben Gott noch ein. Er redete fein und lieblich und bat er möchts nicht übel nehmen, daß er nicht gleich wäre eingelassen worden, er hätte den Schlüssel zur Hausthüre gesucht, derweil wäre er weggegangen: wenn er des Weges zurück käme, müßte er bei ihm einkehren. „Ja,“ sprach der liebe Gott, „wenn ich einmal zurückkomme, will ich es thun.“ Da fragte der Reiche ob er nicht auch drei Wünsche thun dürfte, wie sein Nachbar? Ja, sagte der liebe Gott, das dürfte er wohl, es wäre aber nicht gut für ihn, und er sollte sich lieber nichts wünschen. Der [4] Reiche meinte er wollte sich schon etwas aussuchen, das zu seinem Glück gereiche, wenn er nur wüßte, daß es erfüllt würde. Sprach der liebe Gott „reit heim, und drei Wünsche, die du thust, die sollen in Erfüllung gehen.“

Nun hatte der Reiche was er verlangte, ritt heimwärts und fieng an nachzusinnen was er sich wünschen sollte. Wie er sich so bedachte und die Zügel fallen ließ, fieng das Pferd an zu springen, so daß er immerfort in seinen Gedanken gestört wurde und sie gar nicht zusammen bringen konnte. Er klopfte ihm an den Hals und sagte „sei ruhig, Liese,“ aber das Pferd machte aufs neue Männerchen. Da ward er zuletzt ärgerlich und rief ganz ungeduldig „so wollt ich, daß du den Hals zerbrächst!“ Wie er das Wort ausgesprochen hatte, plump, fiel er auf die Erde, und lag das Pferd todt und regte sich nicht mehr; damit war der erste Wunsch erfüllt. Weil er aber von Natur geizig war, wollte er das Sattelzeug nicht im Stich lassen, schnitts ab, hiengs auf seinen Rücken, und mußte nun zu Fuß gehen. „Du hast noch zwei Wünsche übrig“ dachte er und tröstete sich damit. Wie er nun langsam durch den Sand dahin gieng, und zu Mittag die Sonne heiß brannte, wards ihm so warm und verdrießlich zu Muth: der Sattel drückte ihn auf den Rücken, auch war ihm noch immer nicht eingefallen, was er sich wünschen sollte. „Wenn ich mir auch alle Reiche und Schätze der Welt wünsche,“ sprach er zu sich selbst, „so fällt mir hernach noch allerlei ein, dieses und jenes, das weiß ich im voraus: ich wills aber so einrichten, daß mir gar nichts mehr übrig zu wünschen bleibt.“ Dann seufzte er und sprach „ja, wenn ich der bairische Bauer wäre, der auch drei Wünsche frei hatte, der wußte sich zu helfen, der wünschte sich zuerst recht viel Bier, und zweitens so viel Bier als er trinken könnte, und drittens noch ein Faß Bier dazu.“ Manchmal meinte er jetzt hätte er es gefunden, aber hernach schiens ihm doch zu wenig. Da [5] kam ihm so in die Gedanken was es seine Frau jetzt gut hätte, die säße daheim in einer kühlen Stube und ließe sichs wohl schmecken. Das ärgerte ihn ordentlich, und ohne daß ers wußte, sprach er so hin „ich wollte die säße daheim auf dem Sattel, und könnte nicht herunter, statt daß ich ihn da auf meinem Rücken schleppe.“ Und wie das letzte Wort aus seinem Munde kam, so war der Sattel von seinem Rücken verschwunden, und er merkte daß sein zweiter Wunsch auch in Erfüllung gegangen war. Da ward ihm erst recht heiß, er fieng an zu laufen und wollte sich daheim ganz einsam in seine Kammer hinsetzen und auf etwas Großes für den letzten Wunsch sinnen. Wie er aber ankommt und die Stubenthür aufmacht, sitzt da seine Frau mittendrin auf dem Sattel und kann nicht herunter, jammert und schreit. Da sprach er „gib dich zufrieden, ich will dir alle Reichthümer der Welt herbei wünschen, nur bleib da sitzen.“ Sie schalt ihn aber einen Schafskopf und sprach „was helfen mir alle Reichthümer der Welt, wenn ich auf dem Sattel sitze; du hast mich darauf gewünscht, du mußt mir auch wieder herunter helfen.“ Er mochte wollen oder nicht, er mußte den dritten Wunsch thun, daß sie vom Sattel ledig wäre und herunter steigen könnte; und der Wunsch ward alsbald erfüllt. Also hatte er nichts davon als Ärger, Mühe, Scheltworte und ein verlornes Pferd: die Armen aber lebten vergnügt, still und fromm bis an ihr seliges Ende.

Die Goldkinder

Gebr. Grimm (1857) – Märchen 85 – Gast: Daniel N. (The Spielträumers)

Quelle:

https://de.wikisource.org/wiki/DieGoldkinder(1857)


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85.
Die Goldkinder.
Es war ein armer Mann und eine arme Frau, die hatten nichts als eine kleine Hütte, und nährten sich vom Fischfang, und es gieng bei ihnen von Hand zu Mund. Es geschah aber, als der Mann eines Tages beim Wasser saß und sein Netz auswarf, daß er einen Fisch herauszog, der ganz golden war. Und als er den Fisch voll Verwunderung betrachtete, hub dieser an zu reden und sprach „hör, Fischer, wirfst du mich wieder hinab ins Wasser, so mach ich deine kleine Hütte zu einem prächtigen Schloß.“ Da antwortete der Fischer „was hilft mir ein Schloß, wenn ich nichts zu essen habe?“ Sprach der Goldfisch weiter „auch dafür soll gesorgt sein, es wird ein Schrank im Schloß sein, wenn du den aufschließest, so stehen Schüsseln darin mit den schönsten Speisen, so viel du dir wünschest.“ „Wenn das ist,“ sprach der Mann, „so kann ich dir wohl den Gefallen thun.“ „Ja,“ sagte der Fisch, „es ist aber die Bedingung dabei, daß du keinem Menschen auf der Welt, wer es auch immer sein mag, entdeckst woher dein Glück gekommen ist; sprichst du ein einziges Wort, so ist alles vorbei.“

Nun warf der Mann den wunderbaren Fisch wieder ins Wasser und gieng heim. Wo aber sonst seine Hütte gestanden hatte, da stand jetzt ein großes Schloß. Da machte er ein paar Augen, trat hinein und sah seine Frau, mit schönen Kleidern geputzt, in einer prächtigen Stube sitzen. Sie war ganz vergnügt und sprach „Mann, wie ist das auf einmal gekommen? das gefällt mir wohl.“ „Ja,“ sagte der Mann, „es gefällt mir auch, aber es hungert mich [426] auch gewaltig, gib mir erst was zu essen.“ Sprach die Frau „ich habe nichts und weiß in dem neuen Haus nichts zu finden.“ „Das hat keine Noth,“ sagte der Mann, „dort sehe ich einen großen Schrank, den schließ einmal auf.“ Wie sie den Schrank aufschloß, stand da Kuchen, Fleisch, Obst, Wein, und lachte einen ordentlich an. Da rief die Frau voll Freude „Herz, was begehrst du nun?“ und sie setzten sich nieder, aßen und tranken zusammen. Wie sie satt waren, fragte die Frau „aber, Mann, wo kommt all dieser Reichthum her?“ „Ach,“ antwortete er, „frage mich nicht darum, ich darf dirs nicht sagen, wenn ichs jemand entdecke, so ist unser Glück wieder dahin.“ „Gut,“ sprach sie, „wenn ichs nicht wissen soll, so begehr ichs auch nicht zu wissen.“ Das war aber ihr Ernst nicht, es ließ ihr keine Ruhe Tag und Nacht, und sie quälte und stachelte den Mann so lang, bis er in der Ungeduld heraus sagte, es käme alles von einem wunderbaren goldenen Fisch, den er gefangen und dafür wieder in Freiheit gelassen hätte. Und wies heraus war, da verschwand alsbald das schöne Schloß mit dem Schrank, und sie saßen wieder in der alten Fischerhütte.

Der Mann mußte von vornen anfangen seinem Gewerbe nachgehen und fischen. Das Glück wollte es aber, daß er den goldenen Fisch noch einmal herauszog. „Hör,“ sprach der Fisch, „wenn du mich wieder ins Wasser wirfst, so will ich dir noch einmal das Schloß mit dem Schrank voll Gesottenem und Gebratenem zurückgeben; nur halt dich fest und verrath bei Leibe nicht von wem dus hast, sonst gehts wieder verloren.“ „Ich will mich schon hüten“ antwortete der Fischer und warf den Fisch in sein Wasser hinab. Daheim war nun alles wieder in voriger Herrlichkeit, und die Frau war in einer Freude über das Glück; aber die Neugierde ließ ihr doch keine Ruhe, daß sie nach ein paar Tagen wieder zu fragen anhub wie es zugegangen wäre und wie er es angefangen habe. Der Mann schwieg eine Zeitlang still dazu, endlich aber [427] machte sie ihn so ärgerlich, daß er herausplatzte und das Geheimnis verrieth. In dem Augenblick verschwand das Schloß und sie saßen wieder in der alten Hütte. „Nun hast dus,“ sagte der Mann, „jetzt können wir wieder am Hungertuch nagen.“ „Ach,“ sprach die Frau, „ich will den Reichthum lieber nicht, wenn ich nicht weiß von wem er kommt; sonst habe ich doch keine Ruhe.“

Der Mann gieng wieder fischen, und über eine Zeit so wars nicht anders, er holte den Goldfisch zum drittenmal heraus. „Hör,“ sprach der Fisch: „ich sehe wohl, ich soll immer wieder in deine Hände fallen, nimm mich mit nach Haus, und zerschneid mich in sechs Stücke, zwei davon gieb deiner Frau zu essen, zwei deinem Pferd, und zwei leg in die Erde, so wirst du Segen davon haben.“ Der Mann nahm den Fisch mit nach Haus und that wie er ihm gesagt hatte. Es geschah aber, daß aus den zwei Stücken, die in die Erde gelegt waren, zwei goldene Lilien aufwuchsen, und daß das Pferd zwei goldene Füllen bekam, und des Fischers Frau zwei Kinder gebar, die ganz golden waren.

Die Kinder wuchsen heran, wurden groß und schön, und die Lilien und Pferde wuchsen mit ihnen. Da sprachen sie „Vater, wir wollen uns auf unsere goldenen Rosse setzen und in die Welt ausziehen.“ Er aber antwortete betrübt „wie will ichs aushalten, wenn ihr fortzieht und ich nicht weiß wies euch geht?“ Da sagten sie „die zwei goldenen Lilien bleiben hier, daran könnt ihr sehen, wies uns geht: sind sie frisch, so sind wir gesund; sind sie welk, so sind wir krank; fallen sie um, so sind wir todt.“ Sie ritten fort und kamen in ein Wirthshaus, darin waren viele Leute, und als sie die zwei Goldkinder erblickten, fiengen sie an zu lachen und zu spotten. Wie der eine das Gespött hörte, so schämte er sich, wollte nicht in die Welt, kehrte um und kam wieder heim zu seinem Vater. Der andere aber ritt fort und gelangte zu einem großen Wald. Und als er hinein reiten wollte, [428] sprachen die Leute „es geht nicht, daß ihr durchreitet, der Wald ist voll Räuber, die werden übel mit euch umgehen, und gar, wenn sie sehen daß ihr golden seid und euere Pferde auch, so werden sie euch todt schlagen.“ Er aber ließ sich nicht schrecken und sprach „ich muß und soll hindurch.“ Da nahm er Bärenfelle und überzog sich und sein Pferd damit, daß nichts mehr vom Gold zu sehen war, und ritt getrost in den Wald hinein. Als er ein wenig fortgeritten war, so hörte er es in den Gebüschen rauschen und vernahm Stimmen, die miteinander sprachen. Von der einen Seite riefs „da ist einer,“ von der andern aber „laß ihn laufen, das ist ein Bärenhäuter, und arm und kahl, wie eine Kirchenmaus, was sollen wir mit ihm anfangen!“ So ritt das Goldkind glücklich durch den Wald und geschah ihm kein Leid.

Eines Tags kam er in ein Dorf, darin sah er ein Mädchen, das war so schön, daß er nicht glaubte es könnte ein schöneres auf der Welt sein. Und weil er eine so große Liebe zu ihm empfand, so gieng er zu ihm und sagte „ich habe dich von ganzem Herzen lieb, willst du meine Frau werden?“ Er gefiel aber auch dem Mädchen so sehr, daß es einwilligte und sprach „ja, ich will deine Frau werden und dir treu sein mein Lebelang.“ Nun hielten sie Hochzeit zusammen, und als sie eben in der größten Freude waren, kam der Vater der Braut heim, und als er sah daß seine Tochter Hochzeit machte, verwunderte er sich und sprach „wo ist der Bräutigam?“ Sie zeigten ihm das Goldkind, das hatte aber noch seine Bärenfelle um. Da sprach der Vater zornig „nimmermehr soll ein Bärenhäuter meine Tochter haben,“ und wollte ihn ermorden. Da bat ihn die Braut, was sie konnte, und sprach „er ist einmal mein Mann, und ich habe ihn von Herzen lieb,“ bis er sich endlich besänftigen ließ. Doch aber kams ihm nicht aus den Gedanken, so daß er am andern Morgen früh aufstand und seiner Tochter Mann sehen wollte, ob er ein gemeiner und verlumpter Bettler wäre. [429] Wie er aber hinblickte, sah er einen herrlichen, goldenen Mann im Bette, und die abgeworfenen Bärenfelle lagen auf der Erde. Da gieng er zurück und dachte „wie gut ists, daß ich meinen Zorn bändigte, ich hätte eine große Missethat begangen.“

Dem Goldkind aber träumte er zöge hinaus auf die Jagd nach einem prächtigen Hirsch, und als er am Morgen erwachte, sprach er zu seiner Braut „ich will hinaus auf die Jagd.“ Ihr war angst, und sie bat ihn da zu bleiben und sagte „leicht kann dir ein großes Unglück begegnen,“ aber er antwortete „ich soll und muß fort.“ Da stand er auf und zog hinaus in den Wald, und gar nicht lange, so hielt auch ein stolzer Hirsch vor ihm, ganz nach seinem Traume. Er legte an und wollte ihn schießen, aber der Hirsch sprang fort. Da jagte er ihm nach, über Graben und durch Gebüsche, und ward nicht müde den ganzen Tag; am Abend aber verschwand der Hirsch vor seinen Augen. Und als das Goldkind sich umsah, so stand er vor einem kleinen Haus, darin saß eine Hexe. Er klopfte an, und ein Mütterchen kam heraus und fragte „was wollt ihr so spät noch mitten in dem großen Wald?“ Er sprach „habt ihr keinen Hirsch gesehen?“ „Ja,“ antwortete sie, „den Hirsch kenn ich wohl,“ und ein Hündlein, das mit ihr aus dem Haus gekommen war, bellte dabei den Mann heftig an. „Willst du schweigen, du böse Kröte,“ sprach er, „sonst schieß ich dich todt.“ Da rief die Hexe zornig „was, mein Hündchen willst du tödten!“ und verwandelte ihn alsbald, daß er da lag wie ein Stein, und seine Braut erwartete ihn umsonst und dachte „es ist gewiß eingetroffen, was mir so Angst machte und so schwer auf dem Herzen lag.“

Daheim aber stand der andere Bruder bei den Goldlilien, als plötzlich eine davon umfiel. „Ach Gott,“ sprach er, „meinem Bruder ist ein großes Unglück zugestoßen, ich muß fort, ob ich ihn vielleicht errette.“ Da sagte der Vater „bleib hier, wenn ich auch dich verliere, was soll ich anfangen?“ Er aber antwortete „ich [430] soll und muß fort.“ Da setzte er sich auf sein goldenes Pferd und ritt fort und kam in den großen Wald, wo sein Bruder lag und Stein war. Die alte Hexe kam aus ihrem Haus, rief ihn an und wollte ihn auch berücken, aber er näherte sich nicht, sondern sprach „ich schieße dich nieder, wenn du meinen Bruder nicht wieder lebendig machst.“ Sie rührte, so ungerne sies auch that, den Stein mit dem Finger an, und alsbald erhielt er sein menschliches Leben zurück. Die beiden Goldkinder aber freuten sich, als sie sich wiedersahen, küßten und herzten sich, und ritten zusammen fort aus dem Wald, der eine zu seiner Braut, der andere heim zu seinem Vater. Da sprach der Vater „ich wußte wohl, daß du deinen Bruder erlöst hattest, denn die goldene Lilie ist auf einmal wieder aufgestanden und hat fortgeblüht.“ Nun lebten sie vergnügt, und es gieng ihnen wohl bis an ihr Ende.

Der Räuberbräutigam

Gebr. Grimm (1857) – Märchen 40 – Gast: Nico Wagner (Brettagogen)

Quelle:

https://de.wikisource.org/wiki/DerRäuberbräutigam(1857)


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Das kluge Grethel / Der alte Großvater und der Enkel / Die Wassernixe / Von dem Tode des Hühnchens

Gebr. Grimm (1857) – Märchen 77 bis 80 – Gast: Jan Dotzlaw (Brettspielerunde)

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Hans heirathet oder „Der Karschter Flaak“

Gebr. Grimm (1857) – Märchen 84 – Gast: Stefan Proksch (Esel & Teddy)

Quelle:

https://de.wikisource.org/wiki/Hansheirathet(1857)

https://karlstadt.info/wp-content/uploads/2017/05/karschter-flaak-broschuere.pdf


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84. Hans heirathet.

Es war einmal ein junger Bauer, der hieß Hans, dem wollte sein Vetter gern eine reiche Frau werben. Da setzte er den Hans hinter den Ofen und ließ gut einheizen. Dann holte er einen Topf Milch und eine gute Menge Weißbrot, gab ihm einen neugemünzten glänzenden Heller in die Hand und sprach „Hans, den Heller da halt fest und das Weißbrot, das brocke in die Milch, und bleib da sitzen, und geh mir nicht von der Stelle, bis ich wiederkomme.“ „Ja,“ sprach der Hans, „das will ich alles ausrichten.“ Nun zog der Werber ein paar alte verplackte Hosen an, gieng ins andere Dorf zu einer reichen Bauerntochter und sprach „wollt ihr nicht meinen Vetter Hans heirathen? ihr kriegt einen wackern und gescheidten Mann, der euch gefallen wird.“ Fragte der geizige Vater „wie siehts aus mit seinem Vermögen? hat er auch was einzubrocken?“ „Lieber Freund,“ antwortete der Werber, „mein junger Vetter sitzt warm, hat einen guten schönen Pfennig in der Hand, und hat wohl einzubrocken. Er sollte auch nicht weniger Placken (wie man die Güter nannte) zählen, als ich,“ und schlug sich dabei auf seine geplackte Hose. „Wollt ihr euch die Mühe nehmen mit mir hinzugehen, soll euch zur Stunde gezeigt werden daß alles so ist, wie ich sage.“ Da wollte der Geizhals die gute Gelegenheit nicht fahren lassen und sprach „wenn dem so ist, so habe ich weiter nichts gegen die Heirath.“

Nun ward die Hochzeit an dem bestimmten Tag gefeiert, und als die junge Frau ins Feld gehen und die Güter des Bräutigams [424] sehen wollte, zog Hans erst sein sonntägliches Kleid aus und seinen verplackten Kittel an und sprach „ich könnte mir das gute Kleid verunehren.“ Da giengen sie zusammen ins Feld, und wo sich auf dem Weg der Weinstock abzeichnete, oder Äcker und Wiesen abgetheilt waren, deutete Hans mit dem Finger und schlug dann an einen großen oder kleinen Placken seines Kittels, und sprach „der Placken ist mein und jener auch, mein Schatz, schauet nur danach,“ und wollte damit sagen, die Frau sollte nicht in das weite Feld gaffen, sondern auf sein Kleid schauen, das wäre sein eigen.

„Bist du auch auf der Hochzeit gewesen?“ „Ja wohl bin ich darauf gewesen, und in vollem Staat. Mein Kopfputz war von Schnee, da kam die Sonne, und er ist mir abgeschmolzen; mein Kleid war von Spinneweb, da kam ich durch Dornen, die rissen mir es ab; meine Pantoffel waren von Glas, da stieß ich an einen Stein, da sagten sie klink! und sprangen entzwei.“

Hans im Glück

Gebr. Grimm (1857) – Märchen 83 – Gast: Stefan Proksch (Esel & Teddy)

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https://de.wikisource.org/wiki/Hansheirathet(1857)


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83. Hans im Glück.

Hans hatte sieben Jahre bei seinem Herrn gedient, da sprach er zu ihm „Herr, meine Zeit ist herum, nun wollte ich gerne wieder heim zu meiner Mutter, gebt mir meinen Lohn.“ Der Herr antwortete „du hast mir treu und ehrlich gedient, wie der Dienst war, so soll der Lohn sein,“ und gab ihm ein Stück Gold, das so groß als Hansens Kopf war. Hans zog sein Tüchlein aus der Tasche, wickelte den Klumpen hinein, setzte ihn auf die Schulter und machte sich auf den Weg nach Haus. Wie er so dahin gieng und immer ein Bein vor das andere setzte, kam ihm ein Reiter in die Augen, der frisch und fröhlich auf einem muntern Pferd vorbei trabte. „Ach,“ sprach Hans ganz laut, „was ist das Reiten ein schönes Ding! da sitzt einer wie auf einem Stuhl, stößt sich an keinen Stein, spart die Schuh, und kommt fort, er weiß nicht wie.“ Der Reiter, der das gehört hatte, hielt an und rief „ei, Hans, warum laufst du auch zu Fuß?“ „Ich muß ja wohl,“ antwortete er, „da habe ich einen Klumpen heim zu tragen: es ist zwar Gold, aber ich kann den Kopf dabei nicht gerad halten, auch drückt mirs auf die Schulter.“ „Weißt du was,“ sagte der Reiter, „wir wollen tauschen: ich gebe dir mein Pferd, und du gibst mir deinen Klumpen.“ „Von Herzen gern,“ sprach Hans, „aber ich sage euch ihr müßt euch damit schleppen.“ Der Reiter stieg ab, nahm das Gold und half dem Hans hinauf, gab ihm die Zügel fest in die Hände und sprach „wenns nun recht geschwind soll gehen, so mußt du mit der Zunge schnalzen, und hopp hopp rufen.“

Hans war seelenfroh, als er auf dem Pferde saß und so frank und frei dahin ritt. Über ein Weilchen fiels ihm ein, es sollte noch schneller gehen, und fieng an mit der Zunge zu schnalzen und hopp hopp zu rufen. Das Pferd setzte sich in starken Trab, und ehe sichs Hans versah, war er abgeworfen und lag in einem Graben, der die Äcker von der Landstraße trennte. Das Pferd wäre auch durchgegangen, wenn es nicht ein Bauer aufgehalten hätte, der des Weges kam und eine Kuh vor sich her trieb. Hans suchte seine Glieder zusammen und machte sich wieder auf die Beine. Er war aber verdrießlich und sprach zu dem Bauer „es ist ein schlechter Spaß, das Reiten, zumal, wenn man auf so eine Mähre geräth wie diese, die stößt und einen herabwirft, daß man den Hals brechen kann; ich setze mich nun und nimmermehr wieder auf. Da lob ich mir eure Kuh, da kann einer mit Gemächlichkeit hinter her gehen und hat obendrein seine Milch, Butter und Käse jeden Tag gewiß. Was gäb ich darum, wenn ich so eine Kuh hätte!“ „Nun,“ sprach der Bauer, „geschieht euch so ein großer Gefallen, so will ich euch wohl die Kuh für das Pferd vertauschen.“ Hans willigte mit tausend Freuden ein: der Bauer schwang sich aufs Pferd und ritt eilig davon.

Hans trieb seine Kuh ruhig vor sich her und bedachte den glücklichen Handel. „Hab ich nur ein Stück Brot, und daran wird mirs doch nicht fehlen, so kann ich, so oft mirs beliebt, Butter und Käse dazu essen; hab ich Durst, so melk ich meine Kuh und trinke Milch. Herz, was verlangst du mehr?“ Als er zu einem Wirthshaus kam, machte er Halt, aß in der großen Freude alles, was er bei sich hatte, sein Mittags- und Abendbrot, rein auf, und ließ sich für seine letzten paar Heller ein halbes Glas Bier einschenken. Dann trieb er seine Kuh weiter, immer nach dem Dorfe seiner Mutter zu. Die Hitze ward drückender, je näher der Mittag kam, und Hans befand sich in einer Heide, die wohl noch eine Stunde dauerte. Da ward es ihm ganz heiß, so daß ihm vor Durst die Zunge am Gaumen klebte. „Dem Ding ist zu helfen,“ dachte Hans, „jetzt will ich meine Kuh melken und mich an der Milch laben.“ Er band sie an einen dürren Baum, und da er keinen Eimer hatte, so stellte er seine Ledermütze unter, aber wie er sich auch bemühte, es kam kein Tropfen Milch zum Vorschein. Und weil er sich ungeschickt dabei anstellte, so gab ihm das ungeduldige Thier endlich mit einem der Hinterfüße einen solchen Schlag vor den Kopf, daß er zu Boden taumelte und eine zeitlang sich gar nicht besinnen konnte wo er war. Glücklicherweise kam gerade ein Metzger des Weges, der auf einem Schubkarren ein junges Schwein liegen hatte. „Was sind das für Streiche!“ rief er und half dem guten Hans auf. Hans erzählte was vorgefallen war. Der Metzger reichte ihm seine Flasche und sprach „da trinkt einmal und erholt euch. Die Kuh will wohl keine Milch geben, das ist ein altes Thier, das höchstens noch zum Ziehen taugt oder zum Schlachten.“ „Ei, ei,“ sprach Hans, und strich sich die Haare über den Kopf, „wer hätte das gedacht! es ist freilich gut, wenn man so ein Thier ins Haus abschlachten kann, was gibts für Fleisch! aber ich mache mir aus dem Kuhfleisch nicht viel, es ist mir nicht saftig genug. Ja, wer so ein junges Schwein hätte! das schmeckt anders, dabei noch die Würste.“ „Hört, Hans,“ sprach da der Metzger, „euch zu Liebe will ich tauschen und will euch das Schwein für die Kuh lassen.“ „Gott lohn euch eure Freundschaft“ sprach Hans, übergab ihm die Kuh, ließ sich das Schweinchen vom Karren losmachen und den Strick, woran es gebunden war, in die Hand geben.

Hans zog weiter und überdachte wie ihm doch alles nach Wunsch gienge, begegnete ihm ja eine Verdrießlichkeit, so würde sie doch gleich wieder gut gemacht. Es gesellte sich danach ein Bursch zu ihm, der trug eine schöne weiße Gans unter dem Arm. Sie boten einander die Zeit, und Hans fieng an von seinem Glück zu erzählen und wie er immer so vortheilhaft getauscht hätte. Der Bursch erzählte ihm daß er die Gans zu einem Kindtaufschmaus brächte. „Hebt einmal,“ fuhr er fort, und packte sie bei den Flügeln, „wie schwer sie ist, die ist aber auch acht Wochen lang genudelt worden. Wer in den Braten beißt, muß sich das Fett von beiden Seiten abwischen.“ „Ja,“ sprach Hans, und wog sie mit der einen Hand, „die hat ihr Gewicht, aber mein Schwein ist auch keine Sau.“ Indessen sah sich der Bursch nach allen Seiten ganz bedenklich um, schüttelte auch wohl mit dem Kopf. „Hört,“ fieng er darauf an, „mit eurem Schweine mags nicht ganz richtig sein. In dem Dorfe, durch das ich gekommen bin, ist eben dem Schulzen eins aus dem Stall gestohlen worden. Ich fürchte, ich fürchte, ihr habts da in der Hand. Sie haben Leute ausgeschickt, und es wäre ein schlimmer Handel, wenn sie euch mit dem Schwein erwischten: das geringste ist, daß ihr ins finstere Loch gesteckt werdet.“ Dem guten Hans ward bang, „ach Gott,“ sprach er, „helft mir aus der Noth, ihr wißt hier herum bessern Bescheid, nehmt mein Schwein da und laßt mir eure Gans.“ „Ich muß schon etwas aufs Spiel setzen,“ antwortete der Bursche, „aber ich will doch nicht Schuld sein daß ihr ins Unglück gerathet.“ Er nahm also das Seil in die Hand und trieb das Schwein schnell auf einen Seitenweg fort: der gute Hans aber gieng, seiner Sorgen entledigt, mit der Gans unter dem Arme der Heimath zu. „Wenn ichs recht überlege,“ sprach er mit sich selbst, „habe ich noch Vortheil bei dem Tausch: erstlich den guten Braten, hernach die Menge von Fett, die herausträufeln wird, das gibt Gänsefettbrot auf ein Vierteljahr: und endlich die schönen weißen Federn, die laß ich mir in mein Kopfkissen stopfen, und darauf will ich wohl ungewiegt einschlafen. Was wird meine Mutter eine Freude haben!“

Als er durch das letzte Dorf gekommen war, stand da ein Scheerenschleifer mit seinem Karren, sein Rad schnurrte, und er sang dazu „ich schleife die Scheere und drehe geschwind,
und hänge mein Mäntelchen nach dem Wind.“
Hans blieb stehen und sah ihm zu; endlich redete er ihn an, und sprach „euch gehts wohl, weil ihr so lustig bei eurem Schleifen seid.“ „Ja,“ antwortete der Scheerenschleifer, „das Handwerk hat einen güldenen Boden. Ein rechter Schleifer ist ein Mann, der, so oft er in die Tasche greift, auch Geld darin findet. Aber wo habt ihr die schöne Gans gekauft?“ „Die hab ich nicht gekauft, sondern für mein Schwein eingetauscht.“ „Und das Schwein?“ „Das hab ich für eine Kuh gekriegt.“ „Und die Kuh?“ „Die hab ich für ein Pferd bekommen.“ „Und das Pferd?“ „Dafür hab ich einen Klumpen Gold, so groß als mein Kopf, gegeben.“ „Und das Gold?“ „Ei, das war mein Lohn für sieben Jahre Dienst.“ „Ihr habt euch jederzeit zu helfen gewußt,“ sprach der Schleifer, „könnt ihrs nun dahin bringen, daß ihr das Geld in der Tasche springen hört, wenn ihr aufsteht, so habt ihr euer Glück gemacht.“ „Wie soll ich das anfangen?“ sprach Hans. „Ihr müßt ein Schleifer werden, wie ich; dazu gehört eigentlich nichts, als ein Wetzstein, das andere findet sich schon von selbst. Da hab ich einen, der ist zwar ein wenig schadhaft, dafür sollt ihr mir aber auch weiter nichts als eure Gans geben; wollt ihr das?“ „Wie könnt ihr noch fragen,“ antwortete Hans, „ich werde ja zum glücklichsten Menschen auf Erden; habe ich Geld, so oft ich in die Tasche greife, was brauche ich da länger zu sorgen?“ reichte ihm die Gans hin, und nahm den Wetzstein in Empfang. „Nun,“ sprach der Schleifer, und hob einen gewöhnlichen schweren Feldstein, der neben ihm lag, auf, „da habt ihr noch einen tüchtigen Stein dazu, auf dem sichs gut schlagen läßt, und ihr eure alten Nägel gerade klopfen könnt. Nehmt hin und hebt ihn ordentlich auf.“

Hans lud den Stein auf und gieng mit vergnügtem Herzen weiter; seine Augen leuchteten vor Freude, „ich muß in einer Glückshaut geboren sein,“ rief er aus, „alles was ich wünsche trifft mir ein, wie einem Sonntagskind.“ Indessen, weil er seit Tagesanbruch auf den Beinen gewesen war, begann er müde zu werden; auch plagte ihn der Hunger, da er allen Vorrath auf einmal in der Freude über die erhandelte Kuh aufgezehrt hatte. Er konnte endlich nur mit Mühe weiter gehen und mußte jeden Augenblick Halt machen; dabei drückten ihn die Steine ganz erbärmlich. Da konnte er sich des Gedankens nicht erwehren, wie gut es wäre, wenn er sie gerade jetzt nicht zu tragen brauchte. Wie eine Schnecke kam er zu einem Feldbrunnen geschlichen, wollte da ruhen und sich mit einem frischen Trunk laben: damit er aber die Steine im Niedersitzen nicht beschädigte, legte er sie bedächtig neben sich auf den Rand des Brunnens. Darauf setzte er sich nieder und wollte sich zum Trinken bücken, da versah ers, stieß ein klein wenig an, und beide Steine plumpten hinab. Hans, als er sie mit seinen Augen in die Tiefe hatte versinken sehen, sprang vor Freuden auf, kniete dann nieder und dankte Gott mit Thränen in den Augen daß er ihm auch diese Gnade noch erwiesen und ihn auf eine so gute Art und ohne daß er sich einen Vorwurf zu machen brauchte, von den schweren Steinen befreit hätte, die ihm allein noch hinderlich gewesen wären. „So glücklich wie ich,“ rief er aus, „gibt es keinen Menschen unter der Sonne.“ Mit leichtem Herzen und frei von aller Last sprang er nun fort, bis er daheim bei seiner Mutter war.

Bruder Lustig

Gebr. Grimm (1857) – Märchen 81 – Gast: Jörn Schaar (feiner Podcast)

Quelle:

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81. Bruder Lustig

Es war einmal ein großer Krieg, und als der Krieg zu Ende war, bekamen viele Soldaten ihren Abschied. Nun bekam der Bruder Lustig auch seinen Abschied und sonst nichts als ein kleines Laibchen Commißbrot und vier Kreuzer an Geld; damit zog er fort. Der heilige Petrus aber hatte sich als ein armer Bettler an den Weg gesetzt, und wie der Bruder Lustig daher kam, bat er ihn um ein Almosen. Er antwortete „lieber Bettelmann, was soll ich dir geben? ich bin Soldat gewesen und habe meinen Abschied bekommen, und habe sonst nichts als das kleine Commißbrot und vier Kreuzer Geld, wenn das all ist, muß ich betteln, so gut wie du. Doch geben will ich dir was.“ Darauf theilte er den Laib in vier Theile, und gab davon dem Apostel einen und auch einen Kreuzer. Der heilige Petrus bedankte sich, gieng weiter und setzte sich in einer andern Gestalt wieder als Bettelmann dem Soldaten an den Weg, und als er zu ihm kam, bat er ihn, wie das vorigemal, um eine Gabe. Der Bruder Lustig sprach wie vorher und gab ihm wieder ein Viertel von dem Brot und einen Kreuzer. Der heil. Petrus bedankte sich und gieng weiter, setzte sich aber zum drittenmal in einer andern Gestalt als ein Bettler an den Weg und sprach den Bruder Lustig an. Der Bruder Lustig gab ihm auch das dritte Viertel Brot und den dritten Kreuzer. Der heil. Petrus bedankte sich, und der Bruder Lustig gieng weiter und hatte nicht mehr als ein Viertel Brot und einen Kreuzer. Damit gieng er in ein Wirthshaus, aß das Brot und ließ sich für den Kreuzer Bier dazu geben. Als er fertig war, zog er weiter, und da gieng ihm der heil. Petrus gleichfalls in der Gestalt eines verabschiedeten Soldaten entgegen und redete ihn an, „guten Tag, Camerad, kannst du mir nicht ein Stück Brot geben und einen Kreuzer zu einem Trunk?“ „Wo soll ichs hernehmen,“ antwortete der Bruder Lustig, „ich habe meinen Abschied und sonst nichts als einen Laib Commißbrot und vier Kreuzer an Geld bekommen. Drei Bettler sind mir auf der Landstraße begegnet, davon hab ich jedem ein Viertel von meinem Brot und einen Kreuzer Geld gegeben. Das letzte Viertel hab ich im Wirthshaus gegessen und für den letzten Kreuzer dazu getrunken. Jetzt bin ich leer, und wenn du auch nichts mehr hast, so können wir mit einander betteln gehen.“ „Nein,“ antwortete der heil. Petrus, „das wird just nicht nöthig sein: ich verstehe mich ein wenig auf die Doctorei, und damit will ich mir schon so viel verdienen als ich brauche.“ „Ja,“ sagte der Bruder Lustig, „davon verstehe ich nichts, also muß ich allein betteln gehen.“ „Nun komm nur mit,“ sprach der heil. Petrus, „wenn ich was verdiene, sollst du die Hälfte davon haben.“ „Das ist mir wohl recht“ sagte der Bruder Lustig. Also zogen sie mit einander fort.

Nun kamen sie an ein Bauernhaus und hörten darin gewaltig jammern und schreien, da giengen sie hinein, so lag der Mann darin auf den Tod krank und war nah am Verscheiden, und die Frau heulte und weinte ganz laut. „Laßt euer Heulen und Weinen,“ sprach der heil. Petrus, „ich will den Mann wieder gesund machen,“ nahm eine Salbe aus der Tasche und heilte den Kranken augenblicklich, so daß er aufstehen konnte, und ganz gesund war. Sprachen Mann und Frau in großer Freude „wie können wir euch lohnen? was sollen wir euch geben?“ Der heil. Petrus aber wollte nichts nehmen, und jemehr ihn die Bauersleute baten, desto mehr weigerte er sich. Der Bruder Lustig aber stieß den heil. Petrus an, und sagte „so nimm doch was, wir brauchens ja.“ Endlich brachte die Bäuerin ein Lamm und sprach zu dem heil. Petrus das müßte er annehmen, aber er wollte es nicht. Da stieß ihn der Bruder Lustig in die Seite und sprach „nimms doch, dummer Teufel, wir brauchens ja.“ Da sagte der heil. Petrus endlich „ja, das Lamm will ich nehmen, aber ich trags nicht: wenn dus willst, so mußt du es tragen.“ „Das hat keine Noth,“ sprach der Bruder Lustig, „das will ich schon tragen,“ und nahms auf die Schulter. Nun giengen sie fort und kamen in einen Wald, da war das Lamm dem Bruder Lustig schwer geworden, er aber war hungrig, also sprach er zu dem heil. Petrus „schau, da ist ein schöner Platz, da könnten wir das Lamm kochen und verzehren.“ „Mir ists recht,“ antwortete der heil. Petrus, „doch kann ich mit der Kocherei nicht umgehen: willst du kochen, so hast du da einen Kessel, ich will derweil auf und ab gehen, bis es gahr ist. Du mußt aber nicht eher zu essen anfangen, als bis ich wieder zurück bin; ich will schon zu rechter Zeit kommen.“ „Geh nur,“ sagte Bruder Lustig, „ich verstehe mich aufs Kochen, ich wills schon machen.“ Da gieng der heil. Petrus fort, und der Bruder Lustig schlachtete das Lamm, machte Feuer an, warf das Fleisch in den Kessel und kochte. Das Lamm war aber schon gahr und der Apostel noch immer nicht zurück, da nahm es der Bruder Lustig aus dem Kessel, zerschnitt es und fand das Herz. „Das soll das Beste sein,“ sprach er und versuchte es, zuletzt aber aß er es ganz auf. Endlich kam der heil. Petrus zurück und sprach „du kannst das ganze Lamm allein essen, ich will nur das Herz davon, das gib mir.“ Da nahm Bruder Lustig Messer und Gabel, that als suchte er eifrig in dem Lammfleisch herum, konnte aber das Herz nicht finden; endlich sagte er kurz weg „es ist keins da.“ „Nun, wo solls denn sein?“ sagte der Apostel. „Das weiß ich nicht,“ antwortete der Bruder Lustig, „aber schau, was sind wir alle beide für Narren, suchen das Herz vom Lamm und fällt keinem von uns ein, ein Lamm hat ja kein Herz!“ „Ei,“ sprach der heil. Petrus, „das ist was ganz Neues, jedes Thier hat ja ein Herz, warum sollt ein Lamm kein Herz haben?“ „Nein, gewißlich, Bruder, ein Lamm hat kein Herz, denk nur recht nach, so wird dirs einfallen, es hat im Ernst keins.“ „Nun, es ist schon gut,“ sagte der heil. Petrus, „ist kein Herz da, so brauch ich auch nichts vom Lamm, du kannsts allein essen.“ „Was ich halt nicht aufessen kann, das nehm ich mit in meinem Ranzen“ sprach der Bruder Lustig, aß das halbe Lamm und steckte das übrige in seinen Ranzen.

Sie giengen weiter, da machte der heil. Petrus daß ein großes Wasser queer über den Weg floß und sie hindurch mußten. Sprach der heil. Petrus „geh du nur voran.“ „Nein,“ antwortete der Bruder Lustig, „geh du voran,“ und dachte „wenn dem das Wasser zu tief ist, so bleib ich zurück.“ Da schritt der heil. Petrus hindurch, und das Wasser gieng ihm nur bis ans Knie. Nun wollte Bruder Lustig auch hindurch, aber das Wasser wurde größer und stieg ihm an den Hals. Da rief er „Bruder, hilf mir.“ Sagte der heil. Petrus „willst du auch gestehen daß du das Herz von dem Lamm gegessen hast?“ „Nein,“ antwortete er, „ich hab es nicht gegessen.“ Da ward das Wasser noch größer, und stieg ihm bis an den Mund: „hilf mir, Bruder,“ rief der Soldat. Sprach der heil. Petrus noch einmal „willst du auch gestehen daß du das Herz vom Lamm gegessen hast?“ „Nein,“ antwortete er, „ich hab es nicht gegessen.“ Der heil. Petrus wollte ihn doch nicht ertrinken lassen, ließ das Wasser wieder fallen und half ihm hinüber.

Nun zogen sie weiter, und kamen in ein Reich, da hörten sie daß die Königstochter todtkrank läge. „Holla, Bruder,“ sprach der Soldat zum heil. Petrus, „da ist ein Fang für uns, wenn wir die gesund machen, so ist uns auf ewige Zeiten geholfen.“ Da war ihm der heil. Petrus nicht geschwind genug, „nun, heb die Beine auf, Bruderherz,“ sprach er zu ihm, „daß wir noch zu rechter Zeit hin kommen.“ Der heil. Petrus gieng aber immer langsamer, wie auch der Bruder Lustig ihn trieb und schob, bis sie endlich hörten die Königstochter wäre gestorben. „Da haben wirs,“ sprach der Bruder Lustig, „das kommt von deinem schläfrigen Gang.“ „Sei nur still,“ antwortete der heil. Petrus, „ich kann noch mehr als Kranke gesund machen, ich kann auch Todte wieder ins Leben erwecken.“ „Nun, wenn das ist,“ sagte der Bruder Lustig, „so laß ich mirs gefallen, das halbe Königreich mußt du uns aber zum wenigsten damit verdienen.“ Darauf giengen sie in das königliche Schloß, wo alles in großer Trauer war: der heil. Petrus aber sagte zu dem König er wollte die Tochter wieder lebendig machen. Da ward er zu ihr geführt, und dann sprach er „bringt mir einen Kessel mit Wasser,“ und wie der gebracht war, hieß er jedermann hinausgehen, und nur der Bruder Lustig durfte bei ihm bleiben. Darauf schnitt er alle Glieder der Todten los und warf sie ins Wasser, machte Feuer unter den Kessel und ließ sie kochen. Und wie alles Fleisch von den Knochen herabgefallen war, nahm er das schöne weiße Gebein heraus, und legte es auf eine Tafel, und reihte und legte es nach seiner natürlichen Ordnung zusammen. Als das geschehen war, trat er davor und sprach dreimal „im Namen der allerheiligsten Dreifaltigkeit, Todte, steh auf.“ Und beim drittenmal erhob sich die Königstochter lebendig, gesund und schön. Nun war der König darüber in großer Freude, und sprach zum heil. Petrus „begehre deinen Lohn, und wenns mein halbes Königreich wäre, so will ich dirs geben.“ Der heil. Petrus aber antwortete „ich verlange nichts dafür.“ „O, du Hans Narr!“ dachte der Bruder Lustig bei sich, stieß seinen Cameraden in die Seite und sprach „sei doch nicht so dumm, wenn du nichts willst, so brauch ich doch was.“ Der heil. Petrus aber wollte nichts; doch weil der König sah daß der andere gerne was wollte, ließ er ihm vom Schatzmeister seinen Ranzen mit Gold anfüllen.

Sie zogen darauf weiter und wie sie in einen Wald kamen, sprach der heil. Petrus zum Bruder Lustig „jetzt wollen wir das Gold theilen.“ „Ja,“ antwortete er, „das wollen wir thun.“ Da theilte der heil. Petrus das Gold, und theilte es in drei Theile. Dachte der Bruder Lustig „was er wieder für einen Sparren im Kopf hat! macht drei Theile, und unser sind zwei.“ Der heil. Petrus aber sprach „nun habe ich genau getheilt, ein Theil für mich, ein Theil für dich, und ein Theil für den, der das Herz vom Lamm gegessen hat.“ „O, das hab ich gegessen,“ antwortete der Bruder Lustig und strich geschwind das Gold ein, „das kannst du mir glauben.“ „Wie kann das wahr sein,“ sprach der heil. Petrus, „ein Lamm hat ja kein Herz.“ „Ei was, Bruder, wo denkst du hin! ein Lamm hat ja ein Herz, so gut wie jedes Thier, warum sollte das allein keins haben?“ „Nun, es ist schon gut,“ sagte der heil. Petrus, „behalt das Gold allein, aber ich bleibe nicht mehr bei dir und will meinen Weg allein gehen.“ „Wie du willst, Bruderherz,“ antwortete der Soldat, „leb wohl.“

Da gieng der heil. Petrus eine andere Straße, Bruder Lustig aber dachte „es ist gut, daß er abtrabt, es ist doch ein wunderlicher Heiliger.“ Nun hatte er zwar Geld genug, wußte aber nicht mit umzugehen, verthats, verschenkts, und wie eine Zeit herum war, hatte er wieder nichts. Da kam er in ein Land, wo er hörte daß die Königstochter gestorben wäre. „Holla,“ dachte er, „das kann gut werden, die will ich wieder lebendig machen, und mirs bezahlen lassen, daß es eine Art hat.“ Gieng also zum König und bot ihm an die Todte wieder zu erwecken. Nun hatte der König gehört daß ein abgedankter Soldat herumziehe, und die Gestorbenen wieder lebendig mache, und dachte der Bruder Lustig wäre dieser Mann, doch, weil er kein Vertrauen zu ihm hatte, fragte [408] er erst seine Räthe, die sagten aber er könnte es wagen, da seine Tochter doch todt wäre. Nun ließ sich der Bruder Lustig Wasser im Kessel bringen, hieß jedermann hinausgehen, schnitt die Glieder ab, warf sie ins Wasser und machte Feuer darunter, gerade wie er es beim heil. Petrus gesehen hatte. Das Wasser fieng an zu kochen, und das Fleisch fiel herab, da nahm er das Gebein heraus und that es auf die Tafel; er wußte aber nicht in welcher Ordnung es liegen mußte, und legte alles verkehrt durch einander. Dann stellte er sich davor, und sprach „im Namen der allerheiligsten Dreifaltigkeit, Todte, steh auf,“ und sprachs dreimal, aber die Gebeine rührten sich nicht. Da sprach er es noch dreimal, aber gleichfalls umsonst. „Du Blitzmädel, steh auf,“ rief er, „steh auf, oder es geht dir nicht gut.“ Wie er das gesprochen, kam der heil. Petrus auf einmal in seiner vorigen Gestalt, als verabschiedeter Soldat, durchs Fenster herein gegangen und sprach „du gottloser Mensch, was treibst du da, wie kann die Todte auferstehen, da du ihr Gebein so unter einander geworfen hast?“ „Bruderherz, ich habs gemacht, so gut ich konnte“ antwortete er. „Diesmal will ich dir aus der Noth helfen, aber das sag ich dir, wo du noch einmal so etwas unternimmst, so bist du unglücklich, auch darfst du von dem König nicht das Geringste dafür begehren oder annehmen.“ Darauf legte der heil. Petrus die Gebeine in ihre rechte Ordnung, sprach dreimal zu ihr „im Namen der allerheiligsten Dreifaltigkeit, Todte, steh auf,“ und die Königstochter stand auf, war gesund und schön wie vorher. Nun gieng der heil. Petrus wieder durchs Fenster hinaus: der Bruder Lustig war froh daß es so gut abgelaufen war, ärgerte sich aber doch daß er nichts dafür nehmen sollte. „Ich möchte nur wissen,“ dachte er, „was der für Mucken im Kopf hat, denn was er mit der einen Hand gibt, das nimmt er mit der andern: da ist kein Verstand drin.“ Nun bot der König dem Bruder Lustig an was er haben wollte, er durfte aber nichts nehmen, doch brachte er es durch Anspielung und Listigkeit dahin, daß ihm der König seinen Ranzen mit Gold füllen ließ, und damit zog er ab. Als er hinaus kam, stand vor dem Thor der heil. Petrus, und sprach „schau, was du für ein Mensch bist, habe ich dir nicht verboten etwas zu nehmen, und nun hast du den Ranzen doch voll Gold.“ „Was kann ich dafür,“ antwortete Bruder Lustig, „wenn mirs hinein gesteckt wird.“ „Das sag ich dir, daß du nicht zum zweitenmal solche Dinge unternimmst, sonst soll es dir schlimm ergehen.“ „Ei, Bruder, sorg doch nicht, jetzt hab ich Gold, was soll ich mich da mit dem Knochenwaschen abgeben.“ „Ja,“ sprach der heil. Petrus, „das Gold wird lang dauern! Damit du aber hernach nicht wieder auf unerlaubten Wegen gehst, so will ich deinem Ranzen die Kraft geben, daß alles, was du dir hinein wünschest, auch darin sein soll. Leb wohl, du siehst mich nun nicht wieder.“ „Gott befohlen,“ sprach der Bruder Lustig, und dachte „ich bin froh daß du fortgehst, du wunderlicher Kauz, ich will dir wohl nicht nachgehen.“ An die Wunderkraft aber, die seinem Ranzen verliehen war, dachte er nicht weiter.

Bruder Lustig zog mit seinem Gold umher, und verthats und verfumfeits wie das erstemal. Als er nun nichts mehr als vier Kreuzer hatte, kam er an einem Wirthshaus vorbei und dachte „das Geld muß fort,“ und ließ sich für drei Kreuzer Wein und einen Kreuzer Brot geben. Wie er da saß und trank, kam ihm der Geruch von gebratenen Gänsen in die Nase. Bruder Lustig schaute und guckte, und sah daß der Wirth zwei Gänse in der Ofenröhre stehen hatte. Da fiel ihm ein daß ihm sein Camerad gesagt hatte was er sich in seinen Ranzen wünschte, das sollte darin sein. „Holla, das mußt du mit den Gänsen versuchen!“ Also gieng er hinaus, und vor der Thüre sprach er „so wünsch ich die zwei gebratenen Gänse aus der Ofenröhre in meinen Ranzen.“ Wie er das gesagt hatte, schnallte er ihn auf, und schaute hinein, da lagen sie beide darin. „Ach, so ists recht,“ sprach er, „nun bin ich ein gemachter Kerl,“ gieng fort auf eine Wiese und holte den Braten hervor. Wie er so im besten Essen war, kamen zwei Handwerksbursche daher und sahen die eine Gans, die noch nicht angerührt war, mit hungrigen Augen an. Dachte der Bruder Lustig „mit einer hast du genug,“ rief die zwei Bursche herbei und sprach „da nehmt die Gans und verzehrt sie auf meine Gesundheit.“ Sie bedankten sich, giengen damit ins Wirthshaus, ließen sich eine Halbe Wein und ein Brot geben, packten die geschenkte Gans aus und fiengen an zu essen. Die Wirthin sah zu und sprach zu ihrem Mann „die zwei essen eine Gans, sieh doch nach obs nicht eine von unsern aus der Ofenröhre ist.“ Der Wirth lief hin, da war die Ofenröhre leer: „was, ihr Diebsgesindel, so wohlfeil wollt ihr Gänse essen! gleich bezahlt, oder ich will euch mit grünem Haselsaft waschen.“ Die zwei sprachen „wir sind keine Diebe, ein abgedankter Soldat hat uns die Gans draußen auf der Wiese geschenkt.“ „Ihr sollt mir keine Nase drehen, der Soldat ist hier gewesen, aber als ein ehrlicher Kerl zur Thür hinaus gegangen, auf den hab ich Acht gehabt: ihr seid die Diebe und sollt bezahlen.“ Da sie aber nicht bezahlen konnten, nahm er den Stock und prügelte sie zur Thüre hinaus.

Bruder Lustig gieng seiner Wege und kam an einen Ort, da stand ein prächtiges Schloß und nicht weit davon ein schlechtes Wirthshaus. Er gieng in das Wirthshaus und bat um ein Nachtlager, aber der Wirth wies ihn ab, und sprach „es ist kein Platz mehr da, das Haus ist voll vornehmer Gäste.“ „Das nimmt mich Wunder,“ sprach der Bruder Lustig, „daß sie zu euch kommen und nicht in das prächtige Schloß gehen.“ „Ja,“ antwortete der Wirth, „es hat was an sich, dort eine Nacht zu liegen, wers noch versucht hat, ist nicht lebendig wieder heraus gekommen.“ „Wenns andere versucht haben,“ sagte der Bruder Lustig, „will ichs auch versuchen.“ „Das laßt nur bleiben,“ sprach der Wirth, „es geht euch an den Hals.“ „Es wird nicht gleich an den Hals gehen,“ sagte der Bruder Lustig, „gebt mir nur die Schlüssel und brav Essen und Trinken mit.“ Nun gab ihm der Wirth die Schlüssel und Essen und Trinken, und damit gieng der Bruder Lustig ins Schloß, ließ sichs gut schmecken, und als er endlich schläfrig wurde, legte er sich auf die Erde, denn es war kein Bett da. Er schlief auch bald ein, in der Nacht aber wurde er von einem großen Lärm aufgeweckt, und wie er sich ermunterte, sah er neun häßliche Teufel in dem Zimmer, die hatten einen Kreiß um ihn gemacht und tanzten um ihn herum. Sprach der Bruder Lustig „nun tanzt, so lang ihr wollt, aber komm mir keiner zu nah.“ Die Teufel aber drangen immer näher auf ihn ein und traten ihm mit ihren garstigen Füßen fast ins Gesicht. „Habt Ruh, ihr Teufelsgespenster,“ sprach er, aber sie triebens immer ärger. Da ward der Bruder Lustig bös und rief „holla, ich will bald Ruhe stiften!“ kriegte ein Stuhlbein und schlug mitten hinein. Aber neun Teufel gegen einen Soldaten war doch zu viel, und wenn er auf den vordern zuschlug, so packten ihn die andern hinten bei den Haaren und rissen ihn erbärmlich. „Teufelspack,“ rief er, „jetzt wird mirs zu arg: wartet aber! Alle neune in meinen Ranzen hinein!“ husch, steckten sie darin, und nun schnallte er ihn zu und warf ihn in eine Ecke. Da wars auf einmal still, und Bruder Lustig legte sich wieder hin und schlief bis an den hellen Morgen. Nun kamen der Wirth und der Edelmann, dem das Schloß gehörte, und wollten sehen wie es ihm ergangen wäre; als sie ihn gesund und munter erblickten, erstaunten sie und fragten „haben euch denn die Geister nichts gethan?“ „Warum nicht gar,“ antwortete Bruder Lustig, „ich habe sie alle neune in meinem Ranzen. Ihr könnt euer Schloß wieder ganz ruhig bewohnen, es wird von nun an keiner mehr darin umgehen!“ Da dankte ihm der Edelmann, beschenkte ihn reichlich und bat ihn in seinen Diensten zu bleiben, er wollte ihn auf sein Lebtag versorgen. „Nein,“ antwortete er, „ich bin an das Herumwandern gewöhnt, ich will weiter ziehen.“ Da gieng der Bruder Lustig fort, trat in eine Schmiede und legte den Ranzen, worin die neun Teufel waren, auf den Ambos, und bat den Schmied und seine Gesellen zuzuschlagen. Die schlugen mit ihren großen Hämmern aus allen Kräften zu, daß die Teufel ein erbärmliches Gekreisch erhoben. Wie er danach den Ranzen aufmachte, waren achte todt, einer aber, der in einer Falte gesessen hatte, war noch lebendig, schlüpfte heraus und fuhr wieder in die Hölle.

Darauf zog der Bruder Lustig noch lange in der Welt herum, und wers wüßte, könnte viel davon erzählen. Endlich aber wurde er alt, und dachte an sein Ende, da gieng er zu einem Einsiedler, der als ein frommer Mann bekannt war und sprach zu ihm „ich bin das Wandern müde und will nun trachten in das Himmelreich zu kommen.“ Der Einsiedler antwortete „es gibt zwei Wege, der eine ist breit und angenehm, und führt zur Hölle, der andere ist eng und rauh, und führt zum Himmel.“ „Da müßt ich ein Narr sein,“ dachte der Bruder Lustig, „wenn ich den engen und rauhen Weg gehen sollte.“ Machte sich auf und gieng den breiten und angenehmen Weg, und kam endlich zu einem großen schwarzen Thor, und das war das Thor der Hölle. Bruder Lustig klopfte an, und der Thorwächter guckte wer da wäre. Wie er aber den Bruder Lustig sah, erschrack er, denn er war gerade der neunte Teufel, der mit in dem Ranzen gesteckt hatte und mit einem blauen Auge davon gekommen war. Darum schob er den Riegel geschwind wieder vor, lief zum Obersten der Teufel, und sprach „draußen ist ein Kerl mit einem Ranzen und will herein, aber laßt ihn bei Leibe nicht herein, er wünscht sonst die ganze Hölle in seinen Ranzen. Er hat mich einmal garstig darin hämmern lassen.“ Also ward dem Bruder Lustig hinaus gerufen er sollte wieder abgehen, er käme nicht herein. „Wenn sie mich da nicht wollen,“ dachte er, „will ich sehen ob ich im Himmel ein Unterkommen finde, irgendwo muß ich doch bleiben.“ Kehrte also um und zog weiter, bis er vor das Himmelsthor kam, wo er auch anklopfte. Der heil. Petrus saß gerade dabei als Thorwächter: der Bruder Lustig erkannte ihn gleich und dachte „hier findest du einen alten Freund, da wirds besser gehen.“ Aber der heil. Petrus sprach „ich glaube gar, du willst in den Himmel?“ „Laß mich doch ein, Bruder, ich muß doch wo einkehren; hätten sie mich in der Hölle aufgenommen, so wär ich nicht hierher gegangen.“ „Nein,“ sagte der heil. Petrus, „du kommst nicht herein.“ „Nun, willst du mich nicht einlassen, so nimm auch deinen Ranzen wieder: dann will ich gar nichts von dir haben,“ sprach der Bruder Lustig. „So gib ihn her’ sagte der heil. Petrus. Da reichte er den Ranzen durchs Gitter in den Himmel hinein, und der heil. Petrus nahm ihn und hieng ihn neben seinen Sessel auf. Da sprach der Bruder Lustig „nun wünsch ich mich selbst in meinen Ranzen hinein.“ Husch, war er darin, und saß nun im Himmel, und der heil. Petrus mußte ihn darin lassen.

Sechse kommen durch die ganze Welt

Gebr. Grimm (1857) – Märchen 71 – Gästin: Kati Fränzel (Nerd, Nerd, Nerd)

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71. Sechse kommen durch die ganze Welt.

Es war einmal ein Mann, der verstand allerlei Künste: er diente im Krieg, und hielt sich brav und tapfer, aber als der Krieg zu Ende war, bekam er den Abschied und drei Heller Zehrgeld auf den Weg. „Wart,“ sprach er, „das laß ich mir nicht gefallen, finde ich die rechten Leute, so soll mir der König noch die Schätze des ganzen Landes heraus geben.“ Da gieng er voll Zorn in den Wald, und sah einen darin stehen, der hatte sechs Bäume ausgerupft, als wärens Kornhalme. Sprach er zu ihm „willst du mein Diener sein und mit mir ziehen?“ „Ja,“ antwortete er, „aber erst will ich meiner Mutter das Wellchen Holz heimbringen,“ und nahm einen von den Bäumen, und wickelte ihn um die fünf andern, hob die Welle auf die Schulter und trug sie fort. Dann kam er wieder, und gieng mit seinem Herrn, der sprach „wir zwei sollten wohl durch die ganze Welt kommen.“ Und als sie ein Weilchen gegangen waren, fanden sie einen Jäger, der lag auf den Knien, hatte die Büchse angelegt und zielte. Sprach der Herr zu ihm „Jäger, was willst du schießen?“ Er antwortete „zwei Meilen von hier sitzt eine Fliege auf dem Ast eines Eichbaums, der will ich das linke Auge heraus schießen.“ „O, geh mit mir,“ sprach der Mann, „wenn wir drei zusammen sind, sollten wir wohl durch die ganze Welt kommen.“ Der Jäger war bereit und gieng mit ihm, und sie kamen zu sieben Windmühlen, deren Flügel trieben ganz hastig herum, und gieng doch links und rechts kein Wind, und bewegte sich kein Blättchen. Da sprach der Mann „ich weiß nicht, was [376] die Windmühlen treibt, es regt sich ja kein Lüftchen,“ und gieng mit seinen Dienern weiter, und als sie zwei Meilen fortgegangen waren, sahen sie einen auf einem Baum sitzen, der hielt das eine Nasenloch zu und blies aus dem andern. „Mein, was treibst du da oben?“ fragte der Mann. Er antwortete „zwei Meilen von hier stehen sieben Windmühlen, seht, die blase ich an, daß sie laufen.“ „O, geh mit mir,“ sprach der Mann, „wenn wir vier zusammen sind, sollten wir wohl durch die ganze Welt kommen.“ Da stieg der Bläser herab und gieng mit, und über eine Zeit sahen sie einen, der stand da auf einem Bein, und hatte das andere abgeschnallt und neben sich gelegt. Da sprach der Herr „du hast dirs ja bequem gemacht zum Ausruhen.“ „Ich bin ein Laufer,“ antwortete er, „und damit ich nicht gar zu schnell springe, habe ich mir das eine Bein abgeschnallt; wenn ich mit zwei Beinen laufe, so gehts geschwinder als ein Vogel fliegt.“ „O, geh mit mir, wenn wir fünf zusammen sind, sollten wir wohl durch die ganze Welt kommen.“ Da gieng er mit, und gar nicht lang, so begegneten sie einem, der hatte ein Hütchen auf, hatte es aber ganz auf dem einen Ohr sitzen. Da sprach der Herr zu ihm „manierlich! manierlich! häng deinen Hut doch nicht auf ein Ohr, du siehst ja aus wie ein Hans Narr.“ „Ich darfs nicht thun,“ sprach der andere, „denn setz ich meinen Hut gerad, so kommt ein gewaltiger Frost, und die Vögel unter dem Himmel erfrieren und fallen todt zur Erde.“ „O, geh mit mir,“ sprach der Herr, „wenn wir sechs zusammen sind, sollten wir wohl durch die ganze Welt kommen.“

Nun gingen die sechse in eine Stadt, wo der König hatte bekannt machen lassen wer mit seiner Tochter in die Wette laufen wollte, und den Sieg davon trüge, der sollte ihr Gemahl werden; wer aber verlöre, müßte auch seinen Kopf hergeben. Da meldete sich der Mann, und sprach „ich will aber meinen Diener für mich laufen lassen.“ Der König antwortete „dann mußt du auch noch [377] dessen Leben zum Pfand setzen, also daß sein und dein Kopf für den Sieg haften.“ Als das verabredet und fest gemacht war, schnallte der Mann dem Laufer das andere Bein an und sprach zu ihm „nun sei hurtig und hilf daß wir siegen.“ Es war aber bestimmt, daß wer am ersten Wasser aus einem weit abgelegenen Brunnen brächte, der sollte Sieger sein. Nun bekam der Laufer einen Krug, und die Königstochter auch einen, und sie fiengen zu gleicher Zeit zu laufen an: aber in einem Augenblick, als die Königstochter erst eine kleine Strecke fort war, konnte den Laufer schon kein Zuschauer mehr sehen, und es war nicht anders, als wäre der Wind vorbei gesaust. In kurzer Zeit langte er bei dem Brunnen an, schöpfte den Krug voll Wasser und kehrte wieder um. Mitten aber auf dem Heimweg überkam ihn eine Müdigkeit, da setzte er den Krug hin, legte sich nieder, und schlief ein. Er hatte aber einen Pferdeschädel, der da auf der Erde lag, zum Kopfkissen gemacht, damit er hart läge, und bald wieder erwachte. Indessen war die Königstochter, die auch gut laufen konnte, so gut es ein gewöhnlicher Mensch vermag, bei dem Brunnen angelangt, und eilte mit ihrem Krug voll Wasser zurück; und als sie den Laufer da liegen und schlafen sah, war sie froh und sprach „der Feind ist in meine Hände gegeben,“ leerte seinen Krug aus und sprang weiter. Nun wär alles verloren gewesen, wenn nicht zu gutem Glück der Jäger mit seinen scharfen Augen oben auf dem Schloß gestanden und alles mit angesehen hätte. Da sprach er „die Königstochter soll doch gegen uns nicht aufkommen,“ lud seine Büchse und schoß so geschickt, daß er dem Laufer den Pferdeschädel unter dem Kopf wegschoß ohne ihm weh zu thun. Da erwachte der Laufer, sprang in die Höhe und sah daß sein Krug leer und die Königstochter schon weit voraus war. Aber er verlor den Muth nicht, lief mit dem Krug wieder zum Brunnen zurück, schöpfte aufs neue Wasser und war noch zehn Minuten eher [378] als die Königstochter daheim. „Seht ihr,“ sprach er, „jetzt hab ich erst die Beine aufgehoben, vorher wars gar kein Laufen zu nennen.“

Den König aber kränkte es, und seine Tochter noch mehr, daß sie so ein gemeiner abgedankter Soldat davon tragen sollte; sie rathschlagten mit einander wie sie ihn sammt seinen Gesellen los würden. Da sprach der König zu ihr „ich habe ein Mittel gefunden, laß dir nicht bang sein, sie sollen nicht wieder heim kommen.“ Und sprach zu ihnen „ihr sollt euch nun zusammen lustig machen, essen und trinken“ und führte sie zu einer Stube, die hatte einen Boden von Eisen, und die Thüren waren auch von Eisen, und die Fenster waren mit eisernen Stäben verwahrt. In der Stube war eine Tafel mit köstlichen Speisen besetzt, da sprach der König zu ihnen „geht hinein, und laßts euch wohl sein.“ Und wie sie darinnen waren, ließ er die Thüre verschließen und verriegeln. Dann ließ er den Koch kommen, und befahl ihm ein Feuer so lang unter die Stube zu machen, bis das Eisen glühend würde. Das that der Koch, und es fieng an und ward den sechsen in der Stube, während sie an der Tafel saßen, ganz warm, und sie meinten das käme vom Essen; als aber die Hitze immer größer ward und sie hinaus wollten, Thüre und Fenster aber verschlossen fanden, da merkten sie daß der König Böses im Sinne gehabt hatte und sie ersticken wollte. „Es soll ihm aber nicht gelingen,“ sprach der mit dem Hütchen, „ich will einen Frost kommen lassen, vor dem sich das Feuer schämen und verkriechen soll.“ Da setzte er sein Hütchen gerade, und alsobald fiel ein Frost daß alle Hitze verschwand und die Speisen auf den Schüsseln anfiengen zu frieren. Als nun ein paar Stunden herum waren, und der König glaubte sie wären in der Hitze verschmachtet, ließ er die Thüre öffnen und wollte selbst nach ihnen sehen. Aber wie die Thüre aufgieng, standen sie alle sechse da, frisch und gesund, und sagten es wäre ihnen lieb daß sie heraus könnten, sich zu wärmen, denn [379] bei der großen Kälte in der Stube frören die Speisen an den Schüsseln fest. Da gieng der König voll Zorn hinab zu dem Koch, schalt ihn und fragte warum er nicht gethan hätte was ihm wäre befohlen worden. Der Koch aber antwortete „es ist Glut genug da, seht nur selbst.“ Da sah der König daß ein gewaltiges Feuer unter der Eisenstube brannte, und merkte daß er den sechsen auf diese Weise nichts anhaben könnte.

Nun sann der König aufs neue wie er der bösen Gäste los würde, ließ den Meister kommen und sprach „willst du Gold nehmen, und dein Recht auf meine Tochter aufgeben, so sollst du haben so viel du willst.“ „O ja, Herr König,“ antwortete er, „gebt mir so viel als mein Diener tragen kann, so verlange ich eure Tochter nicht.“ Das war der König zufrieden, und jener sprach weiter „so will ich in vierzehn Tagen kommen und es holen.“ Darauf rief er alle Schneider aus dem ganzen Reich herbei, die mußten vierzehn Tage lang sitzen und einen Sack nähen. Und als er fertig war, mußte der Starke, welcher Bäume ausrupfen konnte, den Sack auf die Schulter nehmen und mit ihm zu dem König gehen. Da sprach der König „was ist das für ein gewaltiger Kerl, der den hausgroßen Ballen Leinewand auf der Schulter trägt?“ erschrack und dachte „was wird der für Gold wegschleppen!“ Da hieß er eine Tonne Gold herbringen, die mußten sechzehn der stärksten Männer tragen, aber der Starke packte sie mit einer Hand, steckte sie in den Sack und sprach „warum bringt ihr nicht gleich mehr, das deckt ja kaum den Boden.“ Da ließ der König nach und nach seinen ganzen Schatz herbeitragen, den schob der Starke in den Sack hinein, und der Sack ward davon noch nicht zur Hälfte voll. „Schafft mehr herbei,“ rief er, „die paar Brocken füllen nicht.“ Da mußten noch siebentausend Wagen mit Gold in dem ganzen Reich zusammen gefahren werden: die schob der Starke sammt den vorgespannten Ochsen in [380] seinen Sack. „Ich wills nicht lange besehen,“ sprach er, „und nehmen was kommt, damit der Sack nur voll wird.“ Wie alles darin stack, gieng doch noch viel hinein, da sprach er „ich will dem Ding nur ein Ende machen, man bindet wohl einmal einen Sack zu, wenn er auch noch nicht voll ist.“ Dann huckte er ihn auf den Rücken und gieng mit seinen Gesellen fort.

Als der König nun sah wie der einzige Mann des ganzen Landes Reichthum forttrug, ward er zornig und ließ seine Reiterei aufsitzen, die sollten den sechsen nachjagen, und hatten Befehl dem Starken den Sack wieder abzunehmen. Zwei Regimenter holten sie bald ein, und riefen ihnen zu „ihr seid Gefangene, legt den Sack mit dem Gold nieder, oder ihr werdet zusammengehauen.“ „Was sagt ihr?“ sprach der Bläser, „wir wären Gefangene? eher sollt ihr sämmtlich in der Luft herumtanzen,“ hielt das eine Nasenloch zu und blies mit dem andern die beiden Regimenter an, da fuhren sie aus einander und in die blaue Luft über alle Berge weg, der eine hierhin, der andere dorthin. Ein Feldwebel rief um Gnade, er hätte neun Wunden und wäre ein braver Kerl, der den Schimpf nicht verdiente. Da ließ der Bläser ein wenig nach, so daß er ohne Schaden wieder herab kam, dann sprach er zu ihm „nun geh heim zum König und sag er sollte nur noch mehr Reiterei schicken, ich wollte sie alle in die Luft blasen.“ Der König, als er den Bescheid vernahm, sprach „laßt die Kerle gehen, die haben etwas an sich.“ Da brachten die sechs den Reichthum heim, theilten ihn unter sich und lebten vergnügt bis an ihr Ende.